Rz. 49

Sofern die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verzögerungsgelds gegeben sind, besteht für die Finanzbehörde dahin gehend zunächst ein Entschließungsermessen, ob sie ein Verzögerungsgeld festsetzt oder nicht. Der Gesetzgeber hat also ausdrücklich Abstand davon genommen, eine Pflicht zur Festsetzung zu schaffen.[1] Eine Vorprägung des Entschließungsermessens i. S . einer Ermessensreduzierung auf Null kommt selbst dann nicht in Betracht, wenn keine Gründe für die Fristversäumnis vorgetragen werden.[2] Angesichts der Höhe des Verzögerungsgelds ab 2.500 EUR kommt dem Entschließungsermessen im Einzelfall eine erhebliche Bedeutung zu. Angesichts des Sanktionsrahmens ab 2.500 EUR erscheint eine Beschränkung auf wesentliche Fälle angezeigt. Zutreffend hat der BFH entschieden, dass eine mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage von Unterlagen ausscheidet.[3]

 

Rz. 50

In einem zweiten Schritt hat die Finanzverwaltung sodann ihr Ermessen dahin gehend pflichtgemäß auszuüben, in welcher Höhe ein Verzögerungsgeld festzusetzen ist (Auswahlermessen).[4] Der Gesetzgeber hat hierbei einen weiten Rahmen von 2.500 EUR bis 250.000 EUR vorgesehen. Angesichts dieser weiten Bandbreite kommt der Verhältnismäßigkeit eine wichtige Bedeutung im Einzelfall zu.[5] Verschuldensaspekte sind hierbei zu berücksichtigen.[6] In einer Entscheidung eines FG zum Verzögerungsgeld wird zudem die Ansicht vertreten, dass es bei einer Festsetzung eines Verzögerungsgelds von 2.500 EUR keiner weiteren Ermessenserwägungen zur Höhe bedarf, da nur der gesetzliche Mindestbetrag festgesetzt wird.[7] Umstritten ist, ob bei mehreren Pflichtenverstößen eine Multiplikation der Verstöße mit dem Mindestsatz erfolgen darf.[8] Der BFH hat diese Fragen offengelassen.[9] Letztlich wird man der Ansicht sein müssen, dass eine schlichte Vervielfältigung nicht zulässig ist, da bei einer solchen das Auswahlermessen nicht angemessen ausgeübt wird. Entschieden hat der BFH, dass beim Auswahlermessen ein früheres Verhalten des Stpfl., welches der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen vorausging, bei der Bemessung der Höhe des Verzögerungsgeldes nicht berücksichtigt werden darf.[10]

 

Rz. 50a

Liegt nicht der Sonderfall eines Pflichtenverstoßes bei Bejahung des Entschließungsermessens vor, hat die Finanzverwaltung ihre Ermessensentscheidung so zu begründen, dass aus der Entscheidung die für die Festsetzung maßgeblichen Gründe ersichtlich sind. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind für die Bemessung der Höhe des Verzögerungsgelds im Einzelfall verschiedene Kriterien von Bedeutung.[11] Dies betrifft insbesondere die Dauer der Fristüberschreitung, die Gründe für die Pflichtverletzung, die Wiederholung einer Weigerung, das Ausmaß der Beeinträchtigung der Außenprüfung, die Unternehmensgröße, mangelnde Mitwirkung sowie ob es bereits zuvor zur Festsetzung eines Verzögerungsgelds gekommen ist (s. a. Frage 16 des Fragenkatalogs des BMF).

 

Rz. 51

Die Festsetzung des Verzögerungsgelds ist mit dem Einspruch anfechtbar. Anschließend ist Anfechtungsklage beim Finanzgericht zu erheben. Für die Frage der richterlichen Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Dies ist regelmäßig die Einspruchsentscheidung.[12] Da es beim Verzögerungsgeld anders als etwa beim Verspätungszuschlag keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Höhe gibt, die im jeweiligen Einzelfall angemessen ist, dürften die Chancen eines Stpfl., spätestens in einem Klageverfahren eine Reduzierung des festgesetzten Verzögerungsgelds, zu erreichen nicht schlecht sein. Allerdings ist zu beachten, dass Ermessenserwägungen durch das FG nur eingeschränkt nachprüfbar sind.[13]

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