Rz. 4

Die Aufzeichnungspflicht besteht für den Erwerb von Waren.[1] Dieser Begriff ist in Übereinstimmung mit der im Handelsverkehr üblichen Auffassung zu bestimmen. Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind Waren bewegliche Sachen, also körperliche Gegenstände i. S. v. § 90 BGB.[2] Der Aggregatzustand der Ware ist hierbei unerheblich.[3] Ob Software als Ware anzusehen ist, kann im Einzelfall fraglich sein[4], wird aber zumindest für Standardsoftware regelmäßig zu bejahen sein.[5] Die Aufzeichnungspflicht nach § 143 AO besteht nach dem Wortlaut der Norm deshalb nicht für erworbene:

  • Grundstücke im Rechtssinn.[6] Der Erwerb von Gegenständen, die noch rechtlich unselbstständige Bestandteile eines Grundstücks sind[7], ist aufzeichnungspflichtig, wenn der Lieferer die Trennung vornehmen wird. Der Erwerb des Rechts auf Abtrennung dieser Erzeugnisse und die Selbstgewinnung der Ware begründet demgegenüber keine Aufzeichnungspflicht.
  • Rechte, selbst wenn diese in Wertpapieren verbrieft sind und sie zivilrechtlich, wie z. B. die Inhaberpapiere[8], wie bewegliche Sachen behandelt werden.[9]
 

Rz. 5

Waren sind nach § 143 Abs. 2 S. 1 AO nicht nur die fertiggestellten Produkte, sondern Materialien in jedem Zustand (Rohstoffe, unfertige Erzeugnisse).[10] Die Aufzeichnungspflicht bezieht sich also auch auf die zur Be- oder Verarbeitung des Produkts erforderlichen Hilfsstoffe oder Zutaten, allerdings nur auf solche Hilfsstoffe oder Zutaten, die unmittelbar einem Produkt zuzuordnen sind.[11] Soweit sich eine derartige unmittelbare Beziehung zum Produkt nicht einfach und sicher erkennen lässt, wie dies etwa bei Gemeinkosten der Fall ist (z. B. Strom oder Wasser), ist die Erfassung über allgemeine Aufwandskonten zulässig.[12]

[2] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10; Koenig/Haselmann, 4. Aufl. 2021, § 143 Rz. 9.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 9.
[4] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 9; Görke, in HHSp, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10.
[5] Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 143 Rz. 6.
[6] Mittelhammer, in Zugmaier/Nöcker, AO, § 143 AO Rz. 16.
[7] § 95 BGB; z. B. gilt dies für das noch nicht abgeerntete Getreide oder Obst.
[9] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 9.
[10] Koenig/Haselmann, 4. Aufl. 2021, § 143 Rz. 10; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10.
[11] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10.
[12] Görke, in HHSp, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 143 AO Rz. 10.

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