1 Allgemeines

1.1 Systematische Stellung und Übersicht

 

Rz. 1

Die Vorschrift über den ständigen Vertreter ist in Zusammenhang mit der Definition der Betriebstätte in § 12 AO zu sehen. Während § 12 AO bestimmte Einrichtungen, die der Unternehmer selbst unterhält, als Betriebstätten qualifiziert, regelt § 13 AO die Folgen, die eintreten, wenn die entsprechenden Tätigkeiten ausgeführt werden von Personen, die nicht so abhängig von dem Unternehmer sind, dass ihre Tätigkeit dem Unternehmer als eigene zugerechnet werden kann, die jedoch im Interesse des Unternehmers handeln und von ihm durch Sachweisungen abhängig sind ("ständige Vertreter"). Ob der ständige Vertreter selbst eine Betriebstätte i.S.d. § 13 AO unterhält, ist dabei unbeachtlich. Diese enge Verbindung des ständigen Vertreters mit dem Unternehmer rechtfertigt es, bestimmte Folgen des Handelns des ständigen Vertreters auch steuerlich dem Unternehmer zuzurechnen und hierfür Folgerungen für die Besteuerung des Unternehmers (nicht des ständigen Vertreters) zu ziehen.[1]

Andererseits unterscheidet das Gesetz zwischen den Begriffen der Betriebstätte und des ständigen Vertreters. Die Tätigkeit eines ständigen Vertreters begründet keine Betriebstätte; zu den Folgen vgl. Rz. 4. Andererseits beruht die Trennung der Begriffe der Betriebstätte und des ständigen Vertreters nicht auf zwingender Sachlogik, sondern nur auf der positivistischen Regelung des Gesetzes. Der ständige Vertreter könnte auch als Unterfall der Betriebstätte angesehen werden, wie dies in den DBA der Fall ist[2].

 

Rz. 2

Die Vorschrift ist ebenso aufgebaut wie § 12 AO. In § 13 S. 1 AO ist eine allgemeine Definition des ständigen Vertreters enthalten. Zur Erleichterung der Anwendung der Vorschrift und zur Klarstellung praktisch besonders wichtiger Sachgestaltungen enthält § 13 S. 2 AO einige nicht abschließende Regelbeispiele für das Vorliegen der Eigenschaft als ständiger Vertreter.

Zum ständigen Vertreter vgl. "Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebstätten international tätiger Unternehmen" v. 24.12.1999, BStBl I 1999, 1076 ("Betriebstätten-Verwaltungsgrundsätze").

[1] Leisner-Egensperger, IStR 2013, 889.
[2] Vgl. Rz. 12.

1.2 Bedeutung des ständigen Vertreters

 

Rz. 3

Der wesentliche Anwendungsbereich des ständigen Vertreters liegt im internationalen Steuerrecht. Der ständige Vertreter bildet, neben der Betriebstätte, einen praktisch wichtigen Anknüpfungspunkt für Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach § 34d Nr. 2a EStG begründen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch einen in einem ausländischen Staat tätigen ständigen Vertreter erzielt werden, ausländische Einkünfte. Entsprechend unterliegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch einen im Inland bestellten ständigen Vertreter erzielt werden, nach § 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG der beschränkten Steuerpflicht. Auch im Bereich der LSt hat der ständige Vertreter Bedeutung. Sofern ein ausländisches Unternehmen im Inland über (eine Betriebstätte oder) einen ständigen Vertreter verfügt, handelt es sich um ein inländisches Unternehmen i. S. d. § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG, das grundsätzlich zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet ist.

Für das internationale Steuerrecht ist zu beachten, dass der ständige Vertreter häufig selbst Unternehmer ist und daher dem internationalen Steuerrecht mit seinen eigenen Vertretereinkünften unterliegt. Die Tätigkeit des ständigen Vertreters begründet dann für das internationale Steuerrecht eine doppelte Betriebstätte, nämlich eine Betriebstätte für die eigene unternehmerische Tätigkeit (z. B. als Kommissionär, selbstständiger Handelsvertreter) und eine Betriebstätte für das vertretene Unternehmen aufgrund der Stellung als ständiger Vertreter. Letztere wird auch als sog. fiktive Betriebstätte bezeichnet. Insbesondere bei internationalen Vertriebsstrukturen (auch im Konzern) ist daher stets die Begründung einer (ungewollten) Vertreterbetriebstätte zu prüfen. Besteht im internationalen Steuerrecht eine Vertreterbetriebstätte, so hat eine Gewinnaufteilung zu erfolgen. Diese ist insbesondere im Hinblick auf den Authorised OECD Approach (AOA), den Deutschland in § 1 Abs. 5 AStG eingeführt hat, in der Praxis noch nicht abschließend geklärt.[1]

 

Rz. 4

Für das nationale Steuerrecht ist vor allem von Bedeutung, dass der ständige Vertreter keine Betriebstätte begründet. Das nationale Steuerrecht knüpft regelmäßig nur an das Vorhandensein einer Betriebstätte, nicht das eines ständigen Vertreters an. So erfasst die GewSt nur Betriebstätten, nicht auch die Tätigkeit des Unternehmers durch ständige Vertreter. Bei Steuerbegünstigungen von Investitionen durch InvZul und Sonderabschreibungen ist regelmäßig Voraussetzung, dass das begünstigte Wirtschaftsgut eine bestimmte Zeit in einer begünstigten Betriebstätte verwandt wird; die Verwendung bei einem ständigen Vertreter führt hier nicht zu einer Begünstigung.

[1] Vgl. dazu Rasch/Müller, ISR 2014, 418 ff.; Ditz/Bärsch, IStR 2013, 411 ff.

2 Begriff des ständigen Vertreters

 

Rz. 5

Ein ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen...

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