1 Grundsatz, Abs. 1

 

Rz. 1

Diese Vorschrift ist § 44 VwVfG nachgebildet, lediglich in Abs. 2 sind die Fallgruppen nicht übernommen, die im Besteuerungsverfahren nicht vorkommen können. Vgl. auch § 40 SGB X.

Für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (Zölle, Abschöpfungen und Ähnliches) enthält der UZK keine entsprechende Vorschrift. § 125 AO ist daher auch im Bereich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben anwendbar, insbesondere bei Nichtigkeit wegen Fehlers in der Adressierung, Bestimmtheit oder Zuständigkeit.

 

Rz. 2

Nach Abs. 1, der eine Generalklausel für die Nichtigkeit von Verwaltungsakten enthält, ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er einen besonders schweren und offenkundigen (evidenten) Fehler enthält (Evidenztheorie); vgl. auch EuGH v. 26.2.1987, Rs 15/85, NJW 1987, 3074. Maßstab für die Offenkundigkeit ist, dass der besonders schwerwiegende Fehler nach der Verständnisfähigkeit eines aufmerksamen Durchschnittsbeobachters für jedermann (also nicht nur oder allein für den Betroffenen) ohne Schwierigkeiten erkennbar ist. Das ist etwa der Fall, wenn ein Verwaltungsakt in sich unklar und auch nicht auslegungsfähig oder widersprüchlich ist oder den persönlichen Geltungsbereich[1], den sachlichen und zeitlichen Regelungsbereich nicht oder nicht feststellbar angibt (vgl. § 119 AO Rz. 2), sodass nicht festgestellt werden kann, wem gegenüber die Regelung erfolgt, welchen Inhalt die Regelung hat und, falls sich dies nicht von selbst ergibt, für welchen Zeitraum die Regelung erfolgt. Dabei ist vorrangig der persönliche, sachliche und zeitliche Regelungsbereich durch Auslegung zu bestimmen. Nichtigkeit tritt nur ein, wenn eine Auslegung nicht möglich ist.[2]

1.1 Fehlerhafter Adressat

 

Rz. 2a

Ein Verwaltungsakt an einen falschen Adressaten kann nach der Rechtsprechung grundsätzlich nichtig sein.[1] Allerdings dürfte bei einer falschen Adressatennennung der Fehler regelmäßig nicht so evident sein, dass er offenkundig i. S. d. § 125 Abs. 1 AO ist. Keine Nichtigkeit liegt vor, wenn der Adressat durch Auslegung anhand der den betroffenen Personen bekannten Umstände ermittelt werden kann.[2] Eine Auslegung ist aber nur möglich, wenn der Adressat unklar ist und nicht mehr, wenn er offensichtlich falsch ist.[3] Nichtigkeit liegt z. B. vor, wenn der Name des Stpfl. in einigen Buchstaben unrichtig ist und es sich dabei offensichtlich um ein bloßes Versehen handelt.[4] Im Regelfall dürfte ein derartiger Verwaltungsakt nicht einmal rechtswidrig sein. Es wird sich bei einem derartigen Versehen in aller Regel um einen Schreibfehler der Finanzverwaltung handeln, der als offenbare Unrichtigkeit gem. § 129 S. 1 AO unbeachtlich ist.

Nichtigkeit tritt aber z. B. ein, wenn der Verwaltungsakt gegen eine nicht existierende Person ergangen ist (Verstorbener, nicht steuerrechtsfähiges Gebilde; vgl. § 122 AO Rz. 24) oder wenn der Adressat nicht sicher identifizierbar ist und dadurch eine Verwechslung der Steuerschuldner nicht auszuschließen ist.[5] Ebenfalls nichtig ist ein Verwaltungsakt, wenn nicht klar ist, wer Inhaltsadressat ist. Auch hier ist aber zunächst durch Auslegung zu ermitteln, ob sich der Inhaltsadressat bestimmen lässt.[6]

 

Rz. 2b

Gegen eine nicht existierende Person ergeht der Verwaltungsakt nur, wenn der Adressat in dem Zeitpunkt, zu dem der Verwaltungsakt nach § 124 AO wirksam wird, nicht existiert. Ohne Bedeutung ist, ob diese Person in dem Zeitraum, für den der Verwaltungsakt (Steuerbescheid) ergangen ist, existierte; das ist eine Frage der Begründetheit. Ein Bescheid an einen zum Zeitpunkt des Erlasses nicht mehr existierenden Adressaten ist danach nichtig.[7] Existiert der Adressat nicht mehr, muss der Bescheid richtigerweise an den Rechtsnachfolger ergehen (mit Hinweis auf die Rechtsnachfolge). Ein derart fehlerhaft adressierter Verwaltungsakt kann auch nicht umgedeutet werden. Insoweit ist der Bescheid keiner Auslegung zugänglich. Nach der Rechtsprechung soll dies auch gelten, wenn der Rechtsnachfolger den Bescheid als gegen sich gerichtet zur Kenntnis genommen hat.[8] Dies ist dadurch begründet, dass bei der Frage, ob ein Verwaltungsakt nichtig ist, es auf den aufmerksamen Durchschnittsbeobachter ankommt. Nur wenn der Fehler für diesen evident ist, liegt Nichtigkeit vor. § 125 AO stellt daher auf einen objektivierten Empfängerhorizont ab und nicht auf das subjektive Verständnis der Beteiligten. Daher kann es für die Frage, ob Nichtigkeit vorliegt, keinen Unterschied machen, ob der Stpfl. den Bescheid als gegen sich gerichtet geltend lassen will.

 

Rz. 2c

Ein Adressat existiert z. B. nicht mehr bei Erlass des Verwaltungsakts, obwohl er in der Vergangenheit Stpfl. war, wenn er verstorben ist. Auch eine Anwachsung einer Personengesellschaft auf ihren einzig verbleibenden Gesellschafter hat – für Gewerbesteuerzwecke – zur Folge, dass ein nach Anwachsung gegen die Personengesellschaft gerichteter Gewerbesteuerbescheid nichtig ist.[9] Von einer Anwachsung, bei der die Pers...

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