Leitsatz

Die von einem Miterben im Rahmen einer Erbauseinandersetzung übernommenen Schulden der Erbengemeinschaft bilden insoweit Anschaffungskosten der von ihm übernommenen Nachlassgegenstände, als sie seinen Anteil am Nachlass übersteigen.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 4 EStG , § 255 Abs. 1 HGB , § 11d Abs. 1 EStDV

 

Sachverhalt

Der Kläger war zusammen mit seinem Bruder Miterbe zu je 1/2 nach seiner Mutter. Zum gemeinschaftlichen Vermögen der Erbengemeinschaft gehörten fünf Mietwohngrundstücke. Ein weiteres Mietwohngrundstück hatte der Kläger zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder erworben; nach dem Tod der Mutter erbten der Kläger und sein Bruder den Miteigentumsanteil der Mutter an diesem Grundstück zu je 1/2.

Um sich auseinanderzusetzen schlossen der Kläger und sein Bruder einen Erbauseinandersetzungsvertrag, aufgrund dessen die Eigentumsanteile des Bruders an den Grundstücken auf den Kläger übergingen. Der Kläger übernahm die Verbindlichkeiten und zahlte 800.000 DM an den Bruder als Wertausgleich. Bei den Verbindlichkeiten ging es vor allem um folgende Beträge: Auf dem gemeinschaftlich erworbenen Grundstück lastete eine Restschuld von 304.986 DM, von der jeweils 101.662 DM dem Kläger, seinem Bruder und dem Nachlass zuzurechnen waren. Überdies nahm die Erbengemeinschaft zur Finanzierung von Verwaltungskosten mehrere Darlehen auf, die bei Schuldübernahme durch den Kläger noch i.H.v. 248.902 DM valutierten.

Zur Berechnung der AfA gab der Kläger in der Einkommensteuererklärung für 1991 Anschaffungskosten für die Grundstücksanteile i.H.v. 1.380.961 DM an, die sich neben dem Wertausgleich und Gerichts- und Notarkosten aus übernommenen Verbindlichkeiten zusammensetzten. Das FA bezog die vom Kläger übernommenen Verbindlichkeiten nicht in die Anschaffungskosten mit ein und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre abweichend fest.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger, auch die von ihm übernommenen Schulden in die Anschaffungskosten einzubeziehen und sie nach dem Sachwertverfahren auf die Gebäude und den Grund und Boden zu verteilen. Das FG berücksichtigte als zusätzliche Anschaffungskosten übernommene Verbindlichkeiten i.H.v. 226.113 DM. Die im Übrigen übernommenen Schulden zählte es als Nachlassverbindlichkeiten nicht zu den Anschaffungskosten. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Recht die übernommenen Verbindlichkeiten zu den Anschaffungskosten des Klägers gerechnet, soweit sie seine Erbquote übersteigen. Von den Darlehensschulden der Erbengemeinschaft i.H.v. 248.902 DM, die der Kläger übernommen habe, bildeten die Hälfte, also 124.451 DM, dessen Anschaffungskosten. Im Übrigen habe er die Grundstücke unentgeltlich erworben, so dass sich die AfA gem. § 11d Abs. 1 EStDV nach den Anschaffungskosten seiner Mutter bemesse. Die damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten (i.H.d. anderen Hälfte von 248.902 DM) bildeten lediglich Rechenposten, um den Wert des unentgeltlich Erlangten zu ermitteln.

 

Hinweis

1. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 HGB (vgl. BFH, Urteil vom 12.9.2001, IX R 52/00, BFH-PR 2002, 282). Dazu rechnen grundsätzlich auch Ausgleichszahlungen eines Erben im Rahmen der Erbauseinandersetzung. Auch übernommene Schulden sind Anschaffungskosten, soweit sie die Erbquote übersteigen (so BFH, Urteil vom 20.12.1990, XI R 1/85, BFH/NV 1991, 382). Nur soweit den Miterben Nachlassvermögen entsprechend ihrer Erbquote zugeteilt wurde, kommt der Schuldübernahme keine Bedeutung zu (BFH, Beschluss vom 5.7.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 837). Die Verbindlichkeiten bilden dann lediglich Rechenposten für die Ermittlung des Werts des Erbanteils.

2. Kein Rechenposten, sondern Anschaffungskosten liegen aber vor, wenn der Erbe von der Erbengemeinschaft – wie im Streitfall – mehr Gemeinschaftsvermögen erhält, als dies dem Wert seines Erbteils entspricht und er im Gegenzug – ähnlich einem Kauf – Abfindungsleistungen erbringt, indem er über seine Erbquote hinaus Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft übernimmt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.12.2004, IX R 23/02

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