Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern eines Windparks

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verkabelung und Zuwegung eines Windparks sind selbständig bewertbare Wirtschaftsgüter. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Verkabelung und der Zuwegung beträgt in Anlehnung an die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Windkraftanlage 16 Jahre.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Sätze 1-2; BGB § 93

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen IV R 52/10)

BFH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen IV R 46/09)

BFH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen IV R 52/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Nutzungsdauer von Wirtschaftsgütern eines Windparks.

Die Klägerin ist eine aus der Komplementär-GmbH und mehreren Kommanditisten bestehende GmbH & Co KG. Zweck des in 1996 gegründeten Unternehmens ist die Errichtung und Betreibung eines Windparks. Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 12.03.2001 vier Windkraftanlagen komplett zum Kaufpreis von 10.260.000,00 DM. Die komplette Anlage besteht aus dem Turm mit Steuerschrank (nachfolgend: WKA), der Verkabelung zwischen Gondel und Steuerschrank, daneben 4 Kompakttransformatoren mit Fundament und Gehäuse und der Zuwegung (Schotterstraßen) für die WKA außerhalb öffentlicher Straßen. Die Herstellungskosten der Anlage belaufen sich insgesamt auf 12.468.135,15 DM, wovon auf die Zuwegung ein Betrag von 171.017,14 DM und auf die Verkabelung ein Betrag von 452.813,74 DM entfällt (ohne die in etwa im gleichen Verhältnis zueinander stehenden, im Jahr 2002 entstandenen nachträglichen Herstellungskosten). In der WKA wird Strom mit einer Niederspannung von 110/220 V erzeugt, der mittels der Transformatoren auf 20.000 - 30.000 V erhöht wird. Die einzelnen WKA sind untereinander in Reihe mit Kabeln in Form einer Ringschaltung zusammengeschlossen. Der erzeugte Strom wird durch die Verkabelung an das Umspannwerk geleitet und dort auf eine Spannung von 110.000 V erhöht. Von dort aus erfolgt die Einspeisung in das öffentliche Netz. Die Kosten für die Erstellung des gesamten Windparks wurden auf einem Konto gebucht und als technische Anlage auf 16 Jahre abgeschrieben.

Das Finanzamt stellte zunächst den Angaben in den Feststellungserklärungen der Klägerin entsprechend die Verluste in beantragter Höhe fest, und zwar im Einzelnen:

Kalenderjahr

Festgestellte Einkünfte

Bescheid vom

2001

- 1.307.422,00 DM

05.02.2003

2002

- 619.223,00 €

05.12.2003

2003

- 178.242,00 €

31.08.2004

2004

(+) 87.484,22 €

16.06.2005

Kalenderjahr

Festgestellte Gewerbeverluste

Bescheid vom

2001

1.509.508,00 DM

14.03.2003

2002

1.298.281,00 €

16.12.2003

2003

1.322.181,00 €

09.09.2004

2004

1.096.560,00 €

27.06.2005

Mit Bescheiden vom 22.05.2006 änderte das Finanzamt die ursprünglichen Bescheide nach einer (im Jahr 2005 begonnenen) Außenprüfung für die Kalenderjahre 2001 - 2004 u.a. wegen des Ansatzes einer von den Angaben der Klägerin abweichenden Nutzungsdauer hinsichtlich der einzelnen Wirtschaftsgüter ab. Es aktivierte entsprechend dem BMF-Schreiben vom 30.05.1997 (BStBl I 1997, 567) die Verkabelung und die Zuwegungen als eigenständige Wirtschaftsgüter und schrieb diese abweichend auf die voraussichtliche Nutzungsdauer von 19 Jahren (Zuwegungen) bzw. 25 Jahren (Verkabelung) ab. Die Berechnung ergibt sich aus dem Prüfungsbericht (Prüfungsanmerkungen Nr. 4).

Gegen diese Bescheide richteten sich die am 21.06.2006 eingegangenen Einsprüche der Klägerin vom 18.04.2006, mit denen sie sich u.a. gegen die Änderungen hinsichtlich der Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter wendete. Sie vertritt die Auffassung, dass eine Windkraftanlage, die dazugehörige Verkabelung sowie die Zuwegung ein einheitliches Wirtschaftsgut darstellten.

Hilfsweise beantragte die Klägerin die Anpassung der Nutzungsdauer der Zuwegung und der Verkabelung auf die der WKA von 16 Jahren, da aufgrund der Besonderheiten des Betriebes jedenfalls nach Ablauf der Nutzung der WKA auch die Nutzung der Kabeltrasse und der Zuwegung ende.

Mit im Einspruchsverfahren wegen anderer Änderungen berichtigten Gewinnfeststellungsbescheiden vom 21.04.2008 bzw. Gewerbeverlustfeststellungsbescheiden vom 05.05.2008, die nach § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Verfahrens wurden, stellte das Finanzamt zuletzt folgende Beträge fest:

Gewinnfeststellung:

Gewerbeverlust

2001:

- 705.488,00 DM

2001:

820.427,00 DM

2002:

- 265.008,00 €

2002:

591.120,00 €

2003:

- 228.082,00 €

2003:

669.320,00 €

2004:

+ 40.940,86 €

2004:

494.174,00 €.

Die Einsprüche wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 2008 zurück. Es begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Zuwegungen und die Verkabelungen jeweils als eigenständiges Wirtschaftsgut anzusehen seien. Auch dem Hilfsantrag sei nicht stattzugeben, da eine von der technischen Nutzungsdauer abweichende kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer nur dann zu Grunde zu legen sei, wenn das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer objektiv wirtschaftlich wertlos würde. Es sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht fes...

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