Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwandsentschädigungen eines ehrenamtlichen Bürgermeisters in Schleswig-Holstein keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die an einen ehrenamtlichen Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde in Schleswig-Holstein gezahlten Aufwandsentschädigungen sind keine "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit" gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sondern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, § 19; GO SH §§ 27, 51

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte des Klägers als ehrenamtlicher Bürgermeister nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu versteuern sind.

Der Kläger war in den Streitjahren 2009 bis 2011 ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde A. Die Gemeinde wird vom Amt B verwaltet. Das Amt B teilte dem Finanzamt unter dem 8. März 2010 mit, dass der Kläger seit Januar 2009 monatlich 483 € als Aufwandsentschädigung als Bürgermeister erhalte. Nach der Abrechnung der Kreisbesoldungsstelle vom 15. Dezember 2009 wurde die monatliche Vergütung von 483 € netto ausgezahlt und 171 € als steuerpflichtig und sozialversicherungspflichtig betrachtet und an die Knappschaft (Minijobzentrale) ein Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von 15 % von 171 € d. h. 25,65 € als Arbeitgeberanteil abgeführt. Außerdem wurde für den Kläger pauschale Lohnsteuer einbehalten ("Mini-Job").

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 gaben die Kläger in der Anlage zu Einkünften aus selbständiger Arbeit die Einkünfte als Bürgermeister mit 5.796 € an. Dabei gingen sie davon aus, dass die Einkünfte über die Minijobregelung abgegolten und Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 0,00 € anzusetzen seien. Dementsprechend wurden auch in den Einkommensteuererklärungen für 2010 und 2011 von den Klägern keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit als steuerbar erklärt. Mit Einkommensteuerbescheiden für 2009 vom 1. Februar 2011, für 2010 vom 23. Dezember 2012 und für 2011 vom 19. November 2012 wurde die Einkommensteuer ohne Berücksichtigung der Einkünfte aus der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister des Klägers festgesetzt.

Mit Kontrollmitteilung der Lohnsteueraußenprüfung beim Amt B vom 23. November 2012 wurde mitgeteilt, dass die Aufwandsentschädigung, Reisekosten, Telefonkostenpauschale sowie die Dienstzimmerentschädigung für die Jahre 2009 und 2010 jeweils 6.448,80 € (monatlich 537,40 €) betrug. Im Jahre 2011 sind dem Kläger nach dem Schreiben des Finanzamtes vom 7. Januar 2013 insgesamt 6.940,80 € (monatlich 578,40 €) zugeflossen. Daraufhin ergingen nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 2009 bis 2011 vom 7. Februar 2013, in denen jeweils Einkünfte aus anderer selbständiger Arbeit in Höhe von 4.348 € berücksichtigt wurden.

Hiergegen legten die Kläger am 26. bzw. 28. Februar 2013 Einspruch ein und machten geltend, der steuerfreie monatliche Anteil betrage statt 175 € 312 €. Zudem sei die ehrenamtliche Tätigkeit eines Bürgermeisters in Schleswig-Holstein keine selbständige Tätigkeit, da dieser Ehrenbeamter sei, der auch eine Verwaltungstätigkeit ausübe.

Das beklagte Finanzamt teilte unter dem 28. Februar 2013 den Klägern mit, dass es zutreffend sei, dass der steuerfreie monatliche Anteil 312 € betrage und änderte die Einkommensteuerbescheide mit Änderungsbescheiden vom 21. Juni 2013, in denen die Einkommensteuer für 2009 auf ... € und für 2010 auf ... € unter jeweiliger Berücksichtigung von Einkünften aus anderer selbständiger Arbeit in Höhe von 2.704 € und für 2011 in Höhe von ... € unter Berücksichtigung von Einkünften aus anderer selbständiger Arbeit in Höhe von 3.196 € festgesetzt wurde.

Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Juli 2013 wurden die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2011 in der aktuellen Fassung vom 21. Juni 2013 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Besteuerung der Einkünfte aus der ehrenamtlichen Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu Recht vorgenommen worden sei. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen haben die Kläger am 25. Juli 2013 Klage erhoben. Die Kläger tragen vor, das BFH-Urteil vom 3. Dezember 1987 IV R 41/85 sei zur rechtlichen Einordnung der Einkünfte eines Oberbürgermeisters einer Stadt in Nordrhein-Westfalen ergangen. Die Situation eines ehrenamtlichen Bürgermeisters in Schleswig-Holstein unterscheide sich grundsätzlich von der eines Oberbürgermeisters in Nordrhein-Westfalen. Der ehrenamtliche Bürgermeister in Schleswig-Holstein sei nicht nur Vorsitzender der Gemeindevertretung, da er durch die Gemeindevertretung gewählt werde. Er habe vielmehr eine Doppelfunktion, denn er sei für die Dauer der Wahlzeit gleichzeitig ehrenamtlicher Bürgermeister (§ 48 Abs. 1 GO). Er stehe nicht nur an der Spitze der Gemeindevertretung, sondern auch an der Spitze der Gemeinde, sei Organ der Gemeinde (§ 7 GO) und verwalte die Gemeinde ehrenamtlich (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GO). Darüber hinaus sei e...

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