Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum (fingierten) Zufluss von Gehaltsbeträgen bei beherrschenden Gesellschaftern einer GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

Da sich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet, kann das Zufließen i.S.d. § 11 EStG grundsätzlich nicht fingiert werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung hiervon lediglich bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind. Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft den sie beherrschenden Gesellschaftern schuldet und die sich bei der Ermittlung ihres Einkommens ausgewirkt haben.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.05.2013; Aktenzeichen VI R 24/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (Bekl.) bei der Einkommensbesteuerung der Kläger (Kl.) zu Recht davon ausgegangen ist, dass diesen in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2002 Urlaubs- und Weihnachtsgeld zugeflossen ist.

Bei den Kl. handelt es sich um Ehegatten, die in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind. Sie hatten im Jahr 1991 die ... GmbH (GmbH) gegründet. Zunächst waren die Klägerin (Klin) zu 20 % und der Kläger (Kl.) zu 80 % an der GmbH beteiligt, seit dem 23. Juli 1997 besteht ein Beteiligungsverhältnis von 50 : 50. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird enthält keine Regelungen zur Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung oder zur Stimmrechtsverteilung.

Die Kl. waren - und sind - für die GmbH als Arbeitnehmer tätig, der Kl. als Geschäftsführer und die Klin als kaufmännische Angestellte. Für ihre Tätigkeiten bezogen - und beziehen - sie Arbeitslohn i.S.d. § 19 Einkommensteuergesetz (EStG). Unter dem 16. Juli 1997 wurden die Dienstverträge der Kl. mit Wirkung zum 01. September 1997 neu gefasst. Nach der Neufassung sollten beide Kl. zusätzlich zu dem ihnen schon bislang zustehenden Gehalt Sonderzuwendungen erhalten, und zwar jeweils ein volles Monatsgehalt als Weihnachts- und als Urlaubsgeld (Kl.: je 15.000,00 DM, Klin: je 4.000,00 DM). Wegen der Einzelheiten wird auf die Dienstverträge vom 16. Juli 1997 Bezug genommen.

Im Jahr 1997 wurden die genannten Sonderzuwendungen von der GmbH - anteilig - gezahlt. Im Jahr 1998 sowie in den Streitjahren wurden hingegen - trotz grundsätzlich bestehender Zahlungsfähigkeit der GmbH - weder das Urlaubs- noch das Weihnachtsgeld ausgezahlt. Jedenfalls für die Streitjahre erfolgten bei der GmbH auch keine Aufwandsbuchungen, ein entsprechender Passivposten wurde in der Bilanz der GmbH nicht gebildet.

In den für 1999 bis 2002 eingereichten Einkommensteuerklärungen erklärten die Kl. ihre Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, ohne das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu berücksichtigen. Die Veranlagungen für 1999 bis 2001 erfolgten insoweit zunächst antragsgemäß.

Im Jahre 2003 fand bei der GmbH eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Die Prüferin stellte sich unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf den Standpunkt, dass der Zufluss der Sonderzuwendungen bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche erfolgt sei (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 08. Oktober 1991 VIII R 48/88, BFHE 166, 64, BStBl II 1992, 174 und vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480), die auch in den Jahren 1999 bis 2002 bestanden hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 22. Mai 2003 Bezug genommen.

Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 11. August 2003 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für 1999 bis 2001 bzw. setzte die Einkommensteuer für 2002 unter dem 04. November 2003 erstmals entsprechend fest. Im Einzelnen wurden den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers (2 x 15.000,00 DM =) 30.000,00 DM (15.338,76 EUR) und der Klägerin (2 x 4.000,00 DM =) 8.000,00 DM (4.090,34 EUR) für 1999 bis 2001 und (2 x 7.760,00 EUR) = 15.520,00 EUR bzw. (2 x 2.100,00 EUR =) 4.200,00 EUR für 2002 hinzugerechnet.

Gegen diese Bescheide erhoben die Kl. am 14. August 2003 bzw. am 07. November 2003 Einspruch. Zum einen sei die Vereinbarung betreffend die Zahlung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes bereits im Jahre 1998 dergestalt abgeändert worden, dass die Sonderzuwendungen von der GmbH nur noch auf freiwilliger Basis zu leisten gewesen seien. Insofern haben die Kläger eine schriftliche Fixierung dieser Vereinbarung vom 22. April 2003 vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Danach hätten die Kl. keinen Rechtsanspruch mehr auf die Sonderzuwendungen gehabt. Die Grundsätze der angeführten BFH-Rechtsprechung seien überdies nicht anwendbar, weil es sich bei den Kl. im Streitzeitraum nicht um b...

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