Entscheidungsstichwort (Thema)

Auffüllungszahlungen eines Beamten i.S.d. § 58 Abs. 1 BeamtVG führen bei diesem zu (vorweggenommenen) Werbungskosten. Auffüllungszahlungen gem. § 58 Abs. 1 BeamtVG bzw. entsprechende Ausgleichszahlungen an den Ehegatten als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

(1) Aufwendungen i.S.d. § 58 Abs. 1 BeamtVG (sog. Auffüllungszahlungen), die ein Beamter zur Vermeidung der scheidungsbedingten Kürzung seiner Versorgungsansprüche erbringt, führen – anders vergleichbare Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung – nicht zu einem beschränkten Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 3 EStG, sondern zu (vorweggenommenen) Werbungskosten, da die künftigen Pensionszahlungen über den Ertragsanteil hinaus ebenfalls der vollen Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG unterliegen.

(2) Dies gilt selbst dann, wenn die Zahlungen nicht direkt an den Arbeitgeber, sondern zur Abwendung des sog. „Quasi-Splittings” nach § 1587b Abs. 2 BGB direkt an die (Ex-)Ehefrau gezahlt werden.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 2; BeamtVG § 58 Abs. 1; BGB § 1587b Abs. 2; EStG § 10 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen IX R 107/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerliche Behandlung der von einem Beamten im Rahmen des Scheidungsverfahrens an seinen Ehepartner geleisteten Ausgleichszahlung zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit einer Vereinbarung über den Ausschluß des Versorgungsausgleichs.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Beamter. Er lebte seit Mai 1994 von seiner Frau getrennt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts entfielen auf die Dauer der Ehezeit beim Kläger Versorgungsanwartschaften von 369,70 DM pro Monat und bei der Ehefrau Rentenanwartschaften von 192,59 DM pro Monat. In einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung verzichteten die Eheleute auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs. Der Kläger leistete vereinbarungsgemäß eine Zahlung von 16.500 DM, „zum Ausgleich aller möglicherweise bestehenden Ansprüche, namentlich des Versorgungsausgleichs sowie möglicherweise bestehender Getrenntlebensunterhaltsansprüche”. Das Amtsgericht genehmigte den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs und schied die Ehe 1996.

Das Finanzamt (FA) versagte den vom Kläger wegen der Ausgleichszahlung geltend gemach-ten Werbungskosten(WK)-Abzug und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück. Es fehle ein hinreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung und den künftigen Ruhegehaltsbezügen.

Der Kläger beantragt,

weitere WK von 16.500 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer (ESt) 1996 unter Abänderung des Bescheides vom 30. Januar 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Mai 1998 entsprechend niedriger festzusetzen.

Das beklagte FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die vom Kläger aufgrund der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung an seine geschiedene Ehefrau geleisteten Ausgleichszahlungen von insgesamt 16.500 DM sind als WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzuziehen.

Die Versorgungsbezüge der Beamten, Richter und Soldaten nach dem Beamtenversorgungs-gesetz (BeamtVG) gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz -EStG-). Sie unterliegen gemäß § 19 Abs. 2 EStG nach Abzug des Versorgungs-Freibetrags in vollem Umfang der Besteuerung.

WK sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 S. 2 EStG). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegen WK dann vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht (vgl. z.B. BFH Großer Senat -GrS-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1990, 817/823). Aufwendungen sind dann als durch eine Einkunftsart veranlaßt anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BFH, BStBl II 1994, 238). Sie sind als vorab entstandene WK abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug der Aufwendungen begehrt wird (BFH, BStBl II 1993, 867). Für die Beurteilung der Frage, ob Aufwendungen in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart stehen, ist maßgebend zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments”, zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH GrS, BStBl II 1990, 817 unter C.II.2.). Aufwendungen sind jedenfalls dann durch eine Einkunftsart veranlaßt, wenn sie die Einkünfte objek...

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