Revision eingelegt (BFH X R 29/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenbeginn im Sinne des§ 22 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

"Rentenbeginn" i.S. des § 22 EStG ist auch dann das Jahr der tatsächlichen Bewilligung, wenn der bereits früher bestehende Rentenanspruch satzungsgemäß auf Antrag des Rentenberechtigten hinausgeschoben wird.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 EStG

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.08.2022; Aktenzeichen X R 29/20)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtsfrage, wie der Rentenbeginn aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu bestimmen ist.

Die Kläger sind verheiratet und werden gemäß § 26 EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger bezieht Beteiligungseinkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und Renteneinkünfte. Daneben beziehen die Kläger Einkünfte aus gewerblichen Beteiligungen. Bei den Renteneinkünften des Klägers bezieht der Kläger neben einer Rente aus dem Bund der Deutschen Rentenversicherung eine Rente des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte. Ausweislich der Satzung besteht ein Anspruch auf die Rente des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte grundsätzlich mit Vollendung des 65. Lebensjahres.

Unmittelbar vor Erreichen der Altersgrenze beantragte der Kläger entsprechend den Regelungen in der Satzung des Versorgungswerks (§ 12 Abs. 2) am 1. Oktober 2009, die Rentenzahlungen über die Altersgrenze zunächst bis zur Vollendung des 66. Lebensjahres hinauszuschieben. Dem wurde mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 entsprochen. Entsprechend wurde in den Folgejahren verfahren. Die Rente wurde insgesamt bis Oktober 2012 aufgeschoben.

Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2016 wurde am 7. November 2017 eingereicht. Der Einkommensteuerbescheid 2016 ging am 21. März 2018 zur Post. Berücksichtigt wurden als sonstige Einkünfte u.a. die Rente des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte in Höhe von 49.582 € (darin enthaltener Anpassungsbetrag 976 €), als Beginn der Rente wurde hierbei auf den 1. Oktober 2012 abgestellt. Der steuerfreie Teil der Rente wurde mit 17.499,- EUR angesetzt. Dieser Betrag war für das Jahr 2013 aus einem Besteuerungsanteil von 64% errechnet worden.

Am 20. April 2018 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 ein. Zur Begründung führten sie aus, dass der Rentenbeginn für die Altersrente des Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerks für Rechtsanwälte nicht das Jahr 2012, sondern das Jahr 2009 zu berücksichtigen sei. Der reguläre Rentenbeginn wäre der 1. Oktober 2009 gewesen. Ab diesem Zeitpunkt bestünde ein Anspruch auf die Altersrente. Auf Antrag des Klägers zu 2. sei der Beginn der Rentenzahlung bloß über die Altersgrenze hinaus bis zum 1. Oktober 2012 aufgeschoben worden.

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 21. Oktober 2019 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass die tatsächliche Bewilligung der Rente sowie die Zahlungsaufnahme in das Jahr 2012 fallen würden. Vorgelagerte satzungsmäßige Antrags-, Wahl- oder Aufschubrechte könne man nach der eindeutigen Formulierung im BMF-Schreiben vom 19. August 2013 (Bundessteuerblatt Teil I, S. 1087, Rz. 219, Textziffer C.V.1.c) nicht berücksichtigen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage. Die Kläger knüpfen an ihren Einspruch an und behaupten, dass das vom Finanzamt aufgegriffene Schreiben des BMF vom 19. August 2013 nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sei, da es hier zu einem Auseinanderfallen des Anspruchs auf die Altersrente einerseits und dem Leistungsbeginn andererseits komme und dieser Fall durch das ohnehin nicht verpflichtende Schreiben des BMF nicht erfasst werde. Vielmehr komme es bei der Bestimmung des Rentenbeginns gemäß § 22 EStG auf das Erreichen der Altersgrenze an. Dies ergebe sich aus der Satzung des Versorgungswerks. Die reguläre Zahlung der Rente hätte somit ab Oktober 2009 erfolgen müssen. Dass diese Zahlung auf Antrag des Klägers aufgeschoben worden sei, ändere am Beginn der Rente nichts.

In der mündlichen Verhandlung erläutert der Kläger nochmals die Rechtslage nach der Satzung des Versorgungswerks. Letztendlich stelle sich die Situation so dar, dass er die Rente mit Erreichen des 65. Lebensjahrs erhalten habe, den Betrag dann aber zur Erhöhung seiner Rente dem Versorgungswerk wieder zur Verfügung gestellt habe.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Beklagten für 2016 über Einkommensteuer vom 21. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2019 zu ändern, den in den Bescheid eingesetzten steuerfreien Teil der Rente aus dem Schleswig-Holsteinischen Versorgungswerk für Rechtsanwälte nicht mit 36 %, sondern mit 42 % und den steuerpflichtigen Anteil der Rente entsprechend nicht mit 64 %, sondern mit 58 % anzunehmen, soweit es um den Teil dieser Rente geht, der bei Rentenbezug beginnend ab dem 1. Oktober 2009 erfolgt wäre.

Der Beklagte ...

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