Leitsatz

Behält sich die Schenkerin bei einer freigebigen Zuwendung eines Grundstücks den Nießbrauch vor und löst der Bedachte später den Nießbrauch gegen Entgelt ab, hat dies -- abgesehen vom Wegfall der Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG -- keinen Einfluss auf die Schenkungsteuer, die für die Grundstücksübertragung festzusetzen war.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Mutter des Klägers übertrug diesem 1993 schenkweise ein bebautes Grundstück und behielt sich den Nießbrauch daran vor. 1997 löste er den Nießbrauch gegen ein Entgelt ab, mit dem die Mutter die auf dem Grundstück abgesicherten Kredite tilgte. Die entsprechenden Schulden hatte der Kläger nicht übernommen.

Als die Mutter 1997 starb und das FA den Klä­ger zur Erbschaftsteuer heranzog, berücksichtigte es die Grundstücksübertragung aus dem Jahr 1993 als Vorerwerb gem. § 14 Abs. 1 ErbStG. Der Kläger hielt dies wegen der Ablösung des Nießbrauchs für unzulässig. Das Grundstück sei nicht mehr unentgeltlich erworben.

Einspruch und Klage (EFG 2006, 912) blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Auch der BFH widersprach dem Kläger. Die Ablösung des Nießbrauchsrechts wirke nicht in der Weise auf die Grundstücksschenkung zurück, dass diese nachträglich zu einem entgeltlichen Vorgang werde. Die Ablösung sei nicht nachträglich für den Erwerb des Grundstücks gezahlt worden, sondern für den ohne diese Ablösung schenkungsteuerbaren Rechtsverzicht der Mutter. Die rechtliche Selbstständigkeit beider Vorgänge lasse sich nicht mittels wirtschaftlicher Betrachtungsweise überspielen.

Eine doppelte steuerliche Erfassung des Nießbrauchsrechts liege nicht vor. Das Nießbrauchsrecht werde nur einmal, nämlich infolge des Abzugsverbots gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bei der Grundstücksschenkung im Jahr 1993 angesetzt.

 

Hinweis

1. Behält sich der Schenker beispielsweise eines Grundstücks den Nießbrauch vor, mindert dessen Wert die Bereicherung des Bedachten nicht (§ 25 Abs. 1 ErbStG). Verzichtet später der Schenker unentgeltlich auf sein Nießbrauchsrecht, liegt da­rin eine zweite Schenkung. Bei der Besteuerung dieser zweiten Schenkung ist die Bemessungsgrundlage nach dem Urteil des BFH vom 17.03.2004, II R 3/01 (BFH-PR 2004, 282) um den Wert des tatsächlichen unberücksichtigt gebliebenen Nießbrauchs zu kürzen.

Verzichtet der Schenker gegen Entgelt auf sein Nießbrauchsrecht -- löst also der Bedachte den Nießbrauch ab --, ist keine zweite Schenkung vorhanden, bei der sich die Bemessungsgrundlage kürzen ließe. Die Zahlung des Ablösebetrags kann auch nicht auf die ursprüngliche (Grundstücks-)schenkung zurückbezogen werden, da dieser Erwerbsvorgang bereits abgeschlossen ist. Mit dem Wegfall der Belastung endet lediglich die Steuerstundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, falls die gestundete Steuer nicht ihrerseits bereits nach Satz 3 der Vorschrift abgelöst worden war.

2. Die Vorstellung, durch den entgeltlichen Nießbrauchsverzicht sei letztlich der ursprünglich geschenkte Gegenstand unbelastet und in Höhe der Ablösesumme gegen Entgelt erworben worden, wäre jedenfalls bei Grundstücksschenkungen mit schenkung- und grunderwerbsteuerrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar.

Grunderwerbsteuerrechtlich gibt es keine Vorschrift, die es ermöglichte, das bei Ablösung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt als nachträgliche Gegenleistung des Grundstückserwerbs zu erfassen. Für eine derartige Vorschrift gibt es grunderwerbsteuerrechtlich auch keinen Bedarf. Behält sich nämlich der Verkäufer eines Grundstücks den Nießbrauch vor, besteht die Gegenleistung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus dem Kaufpreis einschließlich der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzung.

Von den Befreiungsvorschriften abgesehen soll der Grundstückserwerb aber -- wie auch § 3 Nr. 2 GrEStG zeigt -- entweder der Erbschaft- und Schenkungsteuer oder der Grunderwerbsteuer unterfallen. Die durch das Nebeneinander der beiden Steuern bewirkte lückenlose Steuerbarkeit des Grunderwerbs wäre jedoch durchbrochen, wenn das für die Ablösung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt dem ursprünglichen Erwerbsvorgang zugeordnet werden würde. Dies darf nach der Grundkonzeption beider Steuern nicht sein. Daran ändert sich auch nichts, wenn im Einzelfall der Grundstückserwerb etwa nach § 3 Nr. 6 GrEStG steuerfrei wäre. Die grundsätzlichen Erwägungen zum Verhältnis beider Steuern blieben davon unberührt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.12.2007, II R 34/06

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