Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Rückkehr von der Istversteuerung zur Sollversteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Rückkehr von der Istversteuerung zur Sollversteuerung ist jederzeit ohne Genehmigung auch rückwirkend möglich. Das Wahlrecht kann durch Abgabe einer entsprechenden Umsatzsteuerjahreserklärung ausgeübt werden, auch wenn in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen die Steuer noch nach vereinnahmten Entgelten berechnet worden ist.

 

Normenkette

UStG 1993 § 20 Abs. 1, § 16 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.2008; Aktenzeichen XI R 1/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger mit seinem Einzelunternehmen für das Streitjahr 1996 der Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten oder der Umsatzbesteuerung nach vereinbarten Entgelten unterliegt.

Der Kläger hat aufgrund Einbringungsvertrag vom 22. Januar 1997 sein Einzelunternehmen „mit wirtschaftlicher Wirkung zum 04.11.1996, 0.00 Uhr” in eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist, eingebracht. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) hatte dem Kläger auf Antrag gemäß § 20 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gestattet, die Umsatzsteuer seines Einzelunternehmens nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen. Entsprechend ist er für die einzelnen Voranmeldungszeiträume verfahren. Die GmbH war der Sollversteuerung (§ 16 Abs. 1 UStG) unterworfen; die in der Einbringungsbilanz als sonstige Verbindlichkeit gebuchte „Umsatzsteuer noch nicht fällig” bzw. die entsprechenden Umsätze hatte die GmbH zunächst mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 1996 erklärt. Am 4. Dezember 1997 reichte der Kläger – vertreten durch den vormaligen steuerlichen Berater – Umsatzsteuerjahreserklärungen 1996 für das Einzelunternehmen und für die GmbH ein, denen die Besteuerung der streitgegenständlichen Umsätze bei dem Einzelunternehmen (Sollversteuerung) zugrunde liegt. Gleichzeitig wurde der sich hieraus ergebende Erstattungsanspruch der GmbH an den Kläger abgetreten; dieser wurde jedoch mit Steuerverbindlichkeiten der GmbH verrechnet.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2000 beantragte der Kläger – nunmehr vertreten durch die Prozeßbevollmächtigte – die Besteuerung des Einzelunternehmens gemäß den Voranmeldungen und reichte am 24. Februar 2000 eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1996 ein. Das FA entsprach dieser zunächst mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Bescheid vom 16. März 2000, hob diesen jedoch mit Bescheid vom 12. Mai 2000 wieder auf mit der Begründung, daß der berichtigten Umsatzsteuererklärung 1996 nicht zugestimmt werden könne, da die betreffenden Umsätze nicht von der – zwischenzeitlich aufgelösten – GmbH versteuert worden seien. Der Einspruch des Klägers hatte in der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2002 keinen Erfolg, wogegen sich die vorliegende Klage richtet.

Der Kläger macht im wesentlichen geltend, die Umsatzsteuererklärung 1996 vom 4. Dezember 1997 sei fehlerhaft. Ein Unternehmer könne zwar von der Ist – zur Sollversteuerung wechseln, jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft. Ein rückwirkender Wechsel sei unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts (FG) Berlin vom 21. Oktober 1981 VI 263/77, Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 440 nicht möglich. Die berichtigte Umsatzsteuererklärung 1996 vom 24. Februar 2000 sei daher kein neuerlicher Antrag auf Istversteuerung, sondern lediglich die Korrektur der fehlerhaften Umsatzsteuererklärung 1996 vom 4. Dezember 1997.

– Der Kläger beantragt, den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 12. Mai 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2002 aufzuheben.

– Das FA beantragt Klageabweisung.

Es bezieht sich auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 10. Dezember 2002 bzw. vom 16. Januar 2003 und auf den protokollierten Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2006 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist nicht begründet. Der Änderungsbescheid vom 12. Mai 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Kläger hatte insbesondere keinen Anspruch auf Änderung der am 4. Dezember 1997 erfolgten Steueranmeldung (§ 168 Satz 1 AO 1977).

a) Mit Eingang der Umsatzsteuererklärung 1996 beim FA am 4. Dezember 1997 ist der Kläger wirksam von der Istversteuerung zur Sollversteuerung übergegangen.

aa) Dem stand nicht entgegen, daß der Kläger für die bereits abgelaufenen Voranmeldungszeiträume – der Gestattung des FA folgend – die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet hatte. Der Kläger konnte jederzeit und ohne Genehmigung zur Sollversteuerung zurückkehren. Die Rückkehr war auch rückwirkend möglich, da die Umsatzsteuerfestsetzung 1996 zu jenem Zeitpunkt noch nicht bestandskräftig war, sondern das Wahlrecht vielmehr mit Einreichen der Umsatzsteuerjahreserklärung ausgeübt wurde (vgl. Urteil des FG München vom 9. D...

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