Leitsatz

Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Besteuerung der Altersrenten in den Jahren vor 2005, dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes, kommt nicht mehr in Betracht.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst a, § 10 Abs. 1 Nr. 2 und § 10 Abs. 3 EStG 2000, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger bezog nach 44 Jahren Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung seit Mai 2000 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In seiner ESt-Erklärung erklärte er Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, bestritt aber deren Steuerpflicht mit der Begründung, dass zum einen die gesetzliche Rente im Vergleich zu einer privaten Lebensversicherung nur halb so hoch sei wie eine vergleichbare Rente einer privaten Lebensversicherung und damit die gleiche Besteuerung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Zum anderen werde gem. § 22 EStG nicht die Differenz zwischen der Summe der Beiträge und der Summe der Rentenzahlungen herangezogen, sondern ein fiktiver Ertrag, der sich ausschließlich aus der Abzinsungsrechnung der tatsächlich ausgezahlten Rentenbeträge unter Zugrundelegung der voraussichtlichen Laufzeit der Rente ergebe.

Einspruch und Klage (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.06.2007, 6 K 425/04, Haufe-Index 1917627) blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte aus den oben dargestellten Gründen das Urteil des FG. Die – behauptete – unterschiedliche Wertentwicklung einer gesetzlichen Rente und einer Rente einer privaten Lebensversicherung stellt ein Problem der Beitragsäquivalenz dar, zu dem das Steuerrecht keine Aussage treffen kann.

 

Hinweis

1. Die verfassungsrechtliche Schlacht um die verfassungsgemäße Besteuerung der Alterseinkünfte, die vor dem Jahr 2005 bezogen wurden, ist geschlagen. Eine erneute verfassungsrechtliche Überprüfung der Besteuerung der Alterseinkünfte findet in Zukunft ebenso wenig statt wie die der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen, die vor 2005 geleistet wurden.

2. Mit Urteil vom 06.03.2002 (BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618) hat das BVerfG bekanntlich entschieden, dass die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei, und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 01.01.2005 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Gleichzeitig ordnete das BVerfG an, dass Beamtenpensionäre die gleichheitswidrige Besteuerung durch § 19 EStG bis zum 31.12.2004 hinzunehmen hätten, da ein rückwirkender Abbau der Vergünstigungen bei der Besteuerung von Sozialversicherungsrenten schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen könne.

3. Den Auftrag des BVerfG hat der Gesetzgeber durch die Schaffung des Alterseinkünftegesetzes erfüllt. Das Alterseinkünftegesetz enthält auf der Grundlage des Konzepts der nachgelagerten Besteuerung Neuregelungen sowohl für die steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen als auch von Alterseinkünften.

4. Nach der Rechtsprechung sowohl des BVerfG und als auch des BFH kommt eine verfassungsrechtliche Überprüfung der steuerlichen Behandlung der Altersvorsorgebeiträge nicht mehr in Betracht (vgl. u.a. BVerfG, Urteile vom 13.02.2008, 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, HFR 2008, 507 unter B I 1. c]; siehe auch die BFH-Urteile vom 08.11.2006, X R 45/02, BFH/NV 2007, 552, BFH/PR 2007, 95).

5. Da sich die für die verfassungsrechtliche Beurteilung entscheidenden steuerrechtlichen Zusammenhänge stets erst aus einer "Zusammenschau der steuerlichen Regelungen der Aufbauphase mit denjenigen der Versorgungsphase" ergeben, muss dasselbe auch für die steuerliche Behandlung der Alterseinkünfte der Steuerpflichtigen gelten (BVerfG vom 13.02.2008, unter B I 1. c] bb]).

6. Daher kann aus gleichheitsrechtlichen Gründen die Rüge eines Steuerpflichtigen, die Besteuerung seiner Alterseinkünfte verstoße gegen den Gleichheitssatz, mit Wirkung für Veranlagungszeiträume, die vor dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 liegen, keinen Erfolg haben. Er muss die gleiche Besteuerung seiner Alterseinkünfte trotz einer – behaupteten – geringeren Höhe der Altersrente im Verhältnis zu einer vergleichbaren Altersrente einer privaten Rentenversorgung hinnehmen, ebenso wie von den Beamtenpensionären die Hinnahme des gleichheitswidrigen Zustands bis zum 31.12.2004 gefordert wurde.

7. Im Übrigen bestätigt der BFH in diesem Urteil die ständige Rechtsprechung des BFH, wonach die Ertragsanteilsbesteuerung der Sozialversicherungsrenten als Leibrenten i.S.d. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst a EStG a.F. als verfassungsgemäß angesehen wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.07.2008, X R 29/07

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