Zusammenfassung

 
Überblick

Reiseveranstalter bieten u. a. über Vermittler, z. B. Reisebüros, gebündelte Reiseleistungen als vorgefertigte Produkte katalogmäßig an. Dazu geben die Reiseveranstalter bestimmte Reisevorleistungen in Auftrag, z. B. bei Beförderungsunternehmen, Hotel- und Gastronomiebetrieben sowie bei Veranstaltern oder Agenturen im Zielgebiet. Im Gegensatz zum allgemeinen System der Umsatzbesteuerung mit Vorsteuerabzug ist hier die Differenz von Reiseerlösen und Reisevorleistungen Besteuerungsgrundlage. Daher entfällt der Vorsteuerabzug auf die Reisevorleistungen. Deswegen werden auch die Begriffe Rohgewinn- oder Margenbesteuerung verwendet. Im englischen Sprachraum ist die Abkürzung TOMS gebräuchlich, welche für Tour Operators Margin Scheme steht. Diese Sonderregelung beruht auf der Überlegung, dass andernfalls Reiseunternehmer in jedem Reiseland zur Umsatzbesteuerung herangezogen werden müssten und sie praktische Schwierigkeiten bei der Erfüllung dieser Pflichten hätten. Sie dient somit der Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reiseunternehmen. Die Sondervorschrift soll die Einnahmen aus der Erhebung dieser Steuer in ausgewogener Weise zwischen den Mitgliedstaaten verteilen, in dem sie zum einen die Mehrwertsteuereinnahmen für jede Einzelleistung dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs der Dienstleistungen und zum anderen die Mehrwertsteuereinnahmen im Zusammenhang mit der Marge des Reiseunternehmens dem Mitgliedstaat, in dem dieses ansässig ist, zufließen lässt. Der Verkauf einer Reise gilt als eine einheitliche sonstige Leistung (Reiseleistung), deren Ort an den Sitz oder eine Betriebsstätte des Reiseveranstalters anknüpft.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Reiseleistung wird beurteilt nach § 25 UStG. Die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende ist gem. § 4 Nr. 5 Satz 2 UStG nicht steuerbefreit; vgl. hierzu auch Abschn. 4.5.2 UStAE und Abschn. 4.5.3 UStAE. Zum buchmäßigen Nachweis bei steuerfreien Reiseleistungen s. § 72 UStDV und zur Besteuerung von Reiseleistungen insgesamt Abschn. 25.1 bis 25.5 UStAE; zu den Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen vgl. Abschn. 14a.1 Abs. 1, 10 UStAE und zum Umfang der Aufzeichnungspflichten s. Abschn. 22.2 Abs. 12 UStAE und Abschn. 25.5 UStAE. Der bloße Verkauf von Eintrittskarten ist nach Abschn. 3.7 Abs. 9 UStAE keine Vermittlungsleistung. Der Leistungsort von Reiseleistungen nach § 25 UStG bestimmt sich gem. Abschn. 3a.1 Abs. 4 UStAE nach § 3a Abs. 1 UStG; vgl. hierzu auch Abschn. 3a.14 Abs. 5 UStAE. Zum Ort einer Personenbeförderung s. Abschn. 3b.1 Abs. 2 UStAE. Hinsichtlich des Entgelts für die Vermittlung von grenzüberschreitenden Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr durch Reisebüros ist Abschn. 10.1 Abs. 9 UStAE zu beachten. Zum Vorsteuerabzug bei Reiseleistungen vgl. Abschn. 15.2 Abs. 3 Nr. 6 UStAE, Abschn. 15.13 Abs. 2 UStAE und Abschn. 15.16 Abs. 1 UStAE. Zur Änderung der Bemessungsgrundlage bei Preisnachlässen vgl. Abschn. 17.2 Abs. 7 UStAE.

1 Überblick

2 Anwendungsbereich der Margenregelung

Die Margenregelung des § 25 UStG können Reiseveranstalter nur anwenden, soweit sie

  • Reiseleistungen erbringen,
  • dabei gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten,
  • Reisevorleistungen von Dritten (Fluggesellschaften, Hotels, Restaurants usw.) in Anspruch nehmen, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen und
  • (bis 17.12.2019) die Reisevorleistungen nicht unternehmerisch verbraucht werden (der Reisende muss also ein privater Endverbraucher sein); ab dem 18.12.2019 gilt die Margenregelung auch für sog. Kettengeschäfte, d. h. den Verkauf von Reiseleistungen an andere Unternehmer für deren Unternehmen.[1]
 
Wichtig

Alle Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Diese Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt sein. Sind sie nicht bei allen von dem Reiseveranstalter erbrachten Reiseleistungen gegeben, gilt die Margenregelung nur für diejenigen Reiseleistungen, bei denen die Voraussetzungen vorliegen.

Die bis zum 17.12.2019 in Deutschland geltende Ansicht, dass die Margenregelung nicht auf Reiseleistungen an andere Unternehmer für deren Unternehmen (also im B2B-Bereich) anwendbar ist, hat der EuGH[2] nicht bestätigt. Er hat entschieden, dass die MwStSystRL einheitlich i. S. d. sog. Kundenmaxime und nicht nach der sog. Reisendenmaxime auszulegen ist. Damit unterliegen auch zwischenunternehmerische Verkäufe von Reisen der Margenregelung. Dies bedeutet, dass nach dem Unionsrecht sowohl Reiseleistungen zwischen Reiseveranstaltern als auch Reiseleistungen von Reiseveranstaltern an Reisebüros, die die Reisen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiter verkaufen (und nicht nur als Vermittler auftreten), und darüber hinaus Reiseleistungen eines Reiseveranstalters an ein anderes Unternehmern (das z. B. seinen Mitarbeitern eine Incentive-Reise zur Verfügung stellt) unter die Margenregelung fällt. Darüber hinaus hat der EuGH[3] entschieden, dass Deutschland sowohl durch den Ausschluss von B2B-Umsätzen aus der Differenzbesteuerung für Reiseleistungen als auch durch die Zulässigkeit ei...

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