OFD Nordrhein-Westfalen, 17.1.2019, Kurzinformation ESt Nr. 09/2014

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG). Die nachfolgend dargestellte Rechtslage für die steuerliche Behandlung von USt-Vorauszahlungen, die gem. BFH-Urteil vom 1.8.2007, BStBl 2008 II S. 282, als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in diesem Sinne anzusehen sind, gilt ausnahmslos für alle offenen Fälle. Billigkeitsmaßnahmen aus sachlichen Gründen kommen nicht in Betracht. Insbesondere liegt keine Verletzung der Fürsorgepflicht im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 1 AO vor, weil das Finanzamt nur dann die Berichtigung von Erklärungen anregen soll, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unrichtig abgegeben worden sind. Von einer Offensichtlichkeit ist bei einem fehlerhaften Ansatz von Umsatzsteuervorauszahlungen als Betriebsausgaben nicht auszugehen, weil solche Fehler erst durch konkrete Prüfung und Sichtung des Erhebungskontos erkennbar werden.

 

1. Fälligkeit und Zahlung innerhalb kurzer Zeit

Als kurze Zeit i.S. des § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 „Allgemeines” EStH 2016); beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) müssen kumulativ vorliegen.

In folgenden Fällen findet § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG daher keine Anwendung, weil nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kalenderjahres erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb des Zeitraums liegt:

  • Umsatzsteuer Dezember 2012, Fälligkeit 10.2.2013, Zahlung 7.1.2013
  • Umsatzsteuer III. Quartal 2012, Fälligkeit 10.11.2012, Zahlung 7.1.2013.
 

2. Keine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums

Der 10-Tages-Zeitraum kann auch in besonderen Einzelfällen nicht erweitert werden (BFH vom 6.11.2002, X B 30/02, BFH/NV 2003 S. 169).

Die Verwaltungsauffassung, nach der eine Umsatzsteuerzahlung nicht im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden darf, wenn sich die gesetzliche Fälligkeit aufgrund von § 108 Abs. 3 AO auf den nachfolgenden Werktag und damit ein Datum nach dem 10.01. verschiebt (zuletzt für Samstag, den 10.1.2015, und Sonntag, den 10.1.2016, zukünftig erstmals wieder für Sonntag, 10.1.2021), ist durch Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 27.6.2018, X R 44/16, BStBl 2018 II S. 781 überholt. In allen offenen Fällen ist nunmehr auch eine Umsatzsteuervorauszahlung, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt wird, im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Die Verlängerung der gesetzlichen Frist des § 18 UStG durch § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach dem 10. Januar ist für § 11 EStG ohne Bedeutung.

Einsprüche, die bisher wegen der Revisionsverfahren unter den Az. X R 44/16, X R 2/17, VIII R 23/17 und VIII R 10/18 gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhend gestellt worden sind, können aufgrund der Veröffentlichung der Entscheidung zum Aktenzeichen X R 44/16 nunmehr entschieden werden.

 

3. Besonderheiten beim Lastschrifteinzug, bei Überweisungen und Scheckzahlung

Bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung ist der Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG unabhängig von einer späteren tatsächlichen Inanspruchnahme durch das Finanzamt und einer Widerrufsmöglichkeit des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Fälligkeit der USt-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Der Steuerpflichtige hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Erfüllungszeitpunkt kommt es dabei nicht an. Daher ist die Zahllast einer am 10. Januar fälligen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG), aber später eingezogenen USt-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kalenderjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (so z.B. FG Köln vom 9.11.2017, 11 K 188/17 und FG Düsseldorf vom 11.5.2015, 11 K 397/15 E).

Wegen des Abflusszeitpunkts bei Scheckzahlung bzw. bei Überweisung vom laufenden Konto des Steuerpflichtigen Hinweis auf H 11 Scheck EStH 2016 bzw. H 11 Überweisung EStH 2016 und ESt-Kartei NW § 11 EStG, Nr. 2000.

 

4. Änderung bestandskräftiger Bescheide

Wegen der Frage der Änderung/Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide in Fällen, in denen USt-Vorauszahlungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu Unrecht nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt worden sind, Hinweis auf die Kurzinformation Verfahrensrecht Nr. 03/2015 vom 12.5.2015.

 

5. Abgleich de...

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