OFD Nordrhein-Westfalen, 29.4.2016, Kurzinformation ESt 09/2014

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG). Danach gilt für USt-Vorauszahlungen, die gem. BFH-Urteil vom 1.8.2007 (BStBl 2008 II S. 282) als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in diesem Sinne anzusehen sind, Folgendes:

 

1. Fälligkeit und Zahlung innerhalb kurzer Zeit

Als kurze Zeit i.S. des § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 „Allgemeines” EStH 2014); beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) müssen kumulativ vorliegen.

In folgenden Fällen findet § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG daher keine Anwendung, weil nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kalenderjahres erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb des Zeitraums liegt:

  • Umsatzsteuer Dezember 2012, Fälligkeit 10.2.2013, Zahlung 7.1.2013
  • Umsatzsteuer III. Quartal 2012, Fälligkeit 10.11.2012, Zahlung 7.1.2013.
 

2. Keine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums

Der 10-Tages-Zeitraum kann auch in besonderen Einzelfällen nicht erweitert werden (BFH vom 6.11.2002, X B 30/02, BFH/NV 2003 S. 169). Die Ausnahmeregelung vom Abflussprinzip ist deshalb nicht anwendbar, wenn sich die Fälligkeit der USt-Vorauszahlung nach § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach dem 10. Januar verschiebt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 108 Abs. 3 AO).

Dies war zuletzt bei am Samstag, dem 10.1.2009, am Sonntag, dem 10.1.2010, am Samstag, dem 10.1.2015 und am Sonntag, dem 10.1.2016 fälligen USt-Vorauszahlungen der Fall.

Der BFH hat inzwischen aufgrund der gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24.2.2012, 3 K 468/11, eingelegten Revision mit Urteil vom 11.11.2014, VIII R 34/12 (BStBl 2015 II S. 285) die Rechtsauffassung bestätigt, dass in diesen Fällen eine Berücksichtigung der USt-Zahlung im Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht zulässig ist. Die bisher im Hinblick auf das Revisionsverfahren ruhenden Einsprüche können ab sofort entsprechend den Entscheidungsgrundsätzen des BFH-Urteils erledigt werden.

In diesem Zusammenhang weise ich aus gegebener Veranlassung ergänzend auf Folgendes hin:

 

3. Besonderheiten beim Lastschrifteinzug, bei Überweisungen und Scheckzahlung

Bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung ist der Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG unabhängig von einer späteren tatsächlichen Inanspruchnahme durch das Finanzamt und einer Widerrufsmöglichkeit des Stpfl. im Zeitpunkt der Fälligkeit der USt-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Der Stpfl. hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Erfüllungszeitpunkt kommt es dabei nicht an. Daher ist die Zahllast einer am 10. Januar fälligen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG), aber später eingezogenen USt-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kalenderjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 28.4.2015, 11 K 397/15 E, bestätigt.

Inzwischen hat der BFH die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss vom 8.3.2016, VIII B 58/15, als unbegründet zurückgewiesen. Über die bisher ruhenden Einsprüche kann nunmehr entsprechend den o.a. Grundsätzen entschieden werden.

Wegen des Abflusszeitpunkts bei Scheckzahlung bzw. bei Überweisung vom laufenden Konto des Stpfl. Hinweis auf H 11 Scheck EStH 2014 bzw. H 11 Überweisung EStH 2014 und ESt-Kartei NW § 11 EStG, Nr. 2000.

 

4. Änderung bestandskräftiger Bescheide

Wegen der Frage der Änderung/Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide in Fällen, in denen USt-Vorauszahlungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu Unrecht nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt worden sind, Hinweis auf die Kurzinformation Verfahrensrecht Nr. 03/2015 vom 12.5.2015.

Diese Kurzinformation ersetzt die Kurzinformation Einkommensteuer der OFD NRW Nr. 09/2014 vom 7.3.2014 zur Bedeutung des § 108 Abs. 3 AO für die Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe.

 

Normenkette

AO 1977 § 108 Abs. 3;

EStG § 11 Abs. 1

EStG § 11 Abs. 2

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