Leitsatz

Das Recht zur Wahl einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung entfällt erst mit der Erstellung eines Abschlusses und nicht bereits mit der Einrichtung einer Buchführung oder der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 und 3 EStG

 

Sachverhalt

Eine GbR veräußerte ein nach dem Erwerb zunächst drei Jahre lang vermietetes Grundstück an den Geschäftsführer der Mieterin. Nach einer Außenprüfung beurteilte das FA die Tätigkeit der GbR als gewerblichen Grundstückshandel. Es schätzte den Gewinn für das Streitjahr, in dem das Grundstück noch vermietet worden war, nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs. Dem Antrag der GbR, den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln, folgten FA und später FG (FG Köln, Urteil vom 18.08.2006, 14 K 2344/05, Haufe-Index 1959694, EFG 2008, 783) nicht.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der GbR statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die GbR habe ihr Wahlrecht zwischen den beiden Gewinnermittlungsarten zunächst nicht ausgeübt, weil sie angenommen habe, Überschusseinkünfte zu erzielen. Im Einspruchsverfahren habe sie aber die Einnahmen-Überschuss-Rechnung noch wählen können. Das FG müsse klären, ob die Aufzeichnungen der GbR den Mindestanforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprächen.

 

Hinweis

1.Das Urteil betrifft einen der nicht seltenen Fälle, in denen ein gewerblicher Grundstückshandel erst nach Ablauf des VZ erkannt wird. Der Grundstückshändler hat lediglich Einnahmen und Werbungskosten aufgezeichnet und das Wahlrecht zwischen Betriebsvermögensvergleich und Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht ausgeübt. Nach Aufdeckung des Grundstückshandels muss der Gewinn geschätzt werden. In diesem Zeitpunkt ist zu entscheiden, auf der Basis welcher Gewinnermittlungsart die Schätzung erfolgen soll.

2.Nach § 4 Abs. 1 EStG ist der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige nicht die Einnahmen-Überschuss-Rechnung wählt. Würde man verlangen, dass die Wahl der Gewinnermittlungsart zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums stattfindet, käme in den Fällen eines unentdeckten Betriebs immer nur der Betriebsvermögensvergleich zur Anwendung. Nach Meinung des BFH wird das Wahlrecht nun aber erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt.

Zwar muss der Steuerpflichtige bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs einige Voraussetzungen bereits zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums erfüllen, indem er rechtzeitig eine Eröffnungsbilanz erstellt und laufend Bücher führt. Zur endgültigen Ausübung des Wahlrechts bedarf es aber zusätzlich der Aufstellung eines Jahresabschlusses. Erst mit dessen Aufstellung ist das Wahlrecht zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs ausgeübt.

In den Fällen unerkannter betrieblicher Tätigkeit fehlt es natürlich an der Ausübung der Wahl zugunsten des Betriebsvermögensvergleichs. Der Steuerpflichtige hat aber auch keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewählt, weil ihm das Bestehen des Wahlrechts nicht bekannt ist. Die Aufzeichnung von Einnahmen und Werbungskosten ist deshalb keine Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung, selbst wenn die Aufzeichnungen und Belegsammlungen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 EStG erfüllen würden. Ist Letzteres der Fall, kann die Wahl der Einnahmen-Überschuss-Rechnung noch bis zur Bestandskraft der Veranlagung erfolgen. Die bisher anderslautende Rechtsprechung hat der BFH mit dem hiesigen Urteil aufgegeben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.03.2009 – IV R 57/07

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