Leitsatz

Praxisgebühren sind nicht als Sonderausgaben, sondern als außergewöhnliche Belastungen (agB) i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen. Es handelt sich nicht um zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, sondern um Krankheitskosten.

 

Sachverhalt

Die Kläger machten in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Praxisgebühren in Höhe von 140 EUR als Sonderausgaben (Vorsorgeaufwendungen) geltend. Das FA berücksichtigte jedoch die Praxisgebühren "nur" als außergewöhnliche Belastungen (Krankheitskosten) mit der Folge, dass sich aufgrund der Höhe der zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) keine steuerliche Auswirkung ergab. Im Einspruchs- und Klageverfahren trugen die Kläger vor, dass die Praxisgebühren in das Kassenvermögen fließen, und damit der Gewährung des Versicherungsschutzes dienen und somit Sonderausgaben darstellen würden.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass es sich bei den gezahlten Praxisgebühren um zusätzliche Krankheitskosten handelt. Es vertritt die Auffassung, dass die Praxisgebühr keine Gebühr im rechtlichen Sinne ist, da der Vertragsarzt im Verhältnis zum Versicherten keine konkrete Leistung erbringt, die mit der Praxisgebühr abgegolten wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass diese als Krankheitskosten zu qualifizieren sind, da die Verpflichtung zu deren Entrichtung erst durch die tatsächliche Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung als Folge einer Erkrankung ausgelöst wird und nicht bereits durch die bloße Möglichkeit ihrer Inanspruchnahme. Da die Praxisgebühr nicht für einen weiteren oder besseren Versicherungsschutz gezahlt wird, handelt es sich auch aus diesem Grund nicht um Vorsorgeaufwendungen

 

Hinweis

Die von dem FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision wurde eingelegt und wird bei dem BFH unter dem Az. X R 41/11 geführt. Da ab dem Jahr 2010 nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG die Beiträge zur Krankenversicherung ohne Begrenzung insoweit abzugsfähig sind, als sie der Basisabsicherung dienen, würden sich bei einer Entscheidung des BFH zu Gunsten des Sonderausgabenabzugs die gezahlten Praxisgebühren in jedem Fall steuerlich auswirken.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2011, 4 K 1053/09

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