Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin ist alleinstehend mit einem Kind und verdient 2.800 EUR brutto. Sie hat Steuerklasse II, 0,5 Kinderfreibetrag, keine Kirchensteuer, der Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung beträgt 1,7 %. Im März zieht sie mit dem Vater ihres Kindes in eine gemeinsame Wohnung. Damit erlischt ihr Anspruch auf die Steuerklasse II und sie bekommt die Lohnsteuerklasse I/0,5.

Im September heiratet sie den Vater ihres Kindes. Die Eheleute haben jetzt die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Steuerklassen-Kombinationen zu wählen: IV/IV (wird von den Meldebehörden automatisch vergeben), IV/IV mit Faktor oder III/V. Verdient der Ehepartner über 20 % mehr, empfiehlt sich im Allgemeinen die Steuerklassen-Kombination III/V.

Der Ehemann verdient 4.030 EUR Brutto, 9 % Kirchensteuer, KV-Zusatzbeitrag 1,0 %.

Wie hoch ist für die Arbeitnehmerin die Mehrbelastung nach dem Zusammenzug mit dem Vater ihres Kindes?

Welche Lohnsteuerklasse sollte nach der Heirat gewählt werden um die günstigste Besteuerung für das Ehepaar zu erreichen?

Ergebnis

 
Lohnsteuerklasse II/0,5 vor dem Zusammenzug
Bruttolohn 2.800,00 EUR
Lohnsteuer 183,33 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 0,00 EUR
Gesamt 183,33 EUR
Lohnsteuerklasse I/0,5 nach dem Zusammenzug
Bruttolohn 2.800,00 EUR
Lohnsteuer 277,33 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 0,00 EUR
Gesamt 277,33 EUR

Die steuerliche Mehrbelastung für die Arbeitnehmerin in Lohnsteuerklasse I/0,5 beträgt 94,00 EUR.

Steuerklassenwahl nach der Heirat

Der Wechsel in Steuerklasse IV/IV bringt keine Veränderung bei der Lohnsteuer. Bei der Wahl der Steuerklasse IV wird man lohnsteuerlich behandelt wie ein Alleinstehender, d. h. die Versteuerung erfolgt nach der Grundtabelle. Die Kinderfreibeträge werden auf beide Ehegatten verteilt:

 
Berechnung Steuerklasse IV/IV
Lohnsteuer Ehemann Steuerklasse IV/1,0/ev.
Bruttolohn 4.030,00 EUR
Lohnsteuer 570,75 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer 9 % + 40,63 EUR
Gesamt 611,38 EUR
Lohnsteuer Ehefrau Steuerklasse IV/1,0
Bruttolohn 2.800,00 EUR
Lohnsteuer 277,33 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 0,00 EUR
Gesamt 277,33 EUR
Die steuerliche Gesamtbelastung des Ehepaars beträgt bei Steuerklassenwahl IV/IV 888,71 EUR.

Bei Wechsel in die Steuerklassen III und V wird der Kinderfreibetrag grundsätzlich dem Partner mit der Steuerklasse III zugeordnet, selbst dann, wenn es sich nicht um sein eigenes Kind handelt. Dieser Wechsel bringt folgende Veränderung:

 
Berechnung Steuerklasse III/V
Lohnsteuer Ehemann Steuerklasse III/1,0/ev.
Bruttolohn 4.030,00 EUR
Lohnsteuer 251,33 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 6,75 EUR
Gesamt 258,08 EUR
Lohnsteuer Ehefrau Steuerklasse V/0,0
Bruttolohn 2.800,00 EUR
Lohnsteuer 590,00 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 0,00 EUR
Gesamt 590,00 EUR
Die steuerliche Gesamtbelastung des Ehepaars beträgt bei Steuerklassenwahl III/V 848,08 EUR.

Beim Faktorverfahren wird die voraussichtliche Einkommensteuer des Ehepaars von 10.604 EUR (wird vom Finanzamt ausgerechnet)[1] durch die Summe der Jahreslohnsteuer beider Ehegatten in der Steuerklasse IV von 10.742 EUR geteilt. In diesem Fall ergibt sich ein Faktor von 0,987 (10.604 : 10.742), der in beiden ELStAM der Ehegatten im Zusammenhang mit der Steuerklasse IV eingetragen wird.[2]

 
Berechnung Steuerklasse IV/IV mit Faktor
Lohnsteuer Ehemann Steuerklasse IV (0,987)/1,0/ev.
Bruttolohn 4.030,00 EUR
Lohnsteuer 563,25 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 40,10 EUR
Gesamt 603,35 EUR
Lohnsteuer Ehefrau Steuerklasse IV (0,997)/1,0
Bruttolohn 2.800,00 EUR
Lohnsteuer 273,66 EUR
Solidaritätszuschlag + 0,00 EUR
Kirchensteuer + 0,00 EUR
Gesamt 273,66 EUR
Die steuerliche Gesamtbelastung des Ehepaars beträgt bei Steuerklassenwahl IV/IV mit Faktor (0,987) 877,01 EUR.

Durch die Wahl des Faktorverfahrens wird eine gleichmäßige Verteilung der Lohnsteuer auf beide Ehepartner entsprechend ihres voraussichtlichen Jahresarbeitslohns erreicht.

Praxis-Tipp

Im Hinblick auf die Gewährung von Lohnersatzleistungen, die sich nach dem Nettoentgelt des Arbeitnehmers richten (z. B. Krankengeld, Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, Elterngeld oder Kurzarbeitergeld) kann das Faktorverfahren vorteilhaft sein. Für die Ehefrau mit der Steuerklasse V würden der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld und das Elterngeld wesentlich niedriger ausfallen.

Hinweis

Bei Steuerklassenwahl III/V sowie bei IV/IV mit Faktor besteht die Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung.

[1] Die Berechnung der voraussichtlichen Einkommensteuer kann über den Rechner des Bundesfinanzministeriums zum Faktorverfahren nachvollzogen werden.
[2]

Die Berechnung des Faktors kann im Rechner Steuerklassenwahl nachzogen werden.

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