Leitsatz

1. Die Überlassung eines Dienstwagens zur unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien Privatnutzung des Arbeitnehmers ist im Rahmen eines geringfügigen – zwischen Ehegatten geschlossenen – Beschäftigungsverhältnisses (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) fremdunüblich.

2. Ein Arbeitgeber wird bei lebensnaher und die unternehmerische Gewinnerwartung einzubeziehender Betrachtungsweise typischerweise nur dann bereit sein, einem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug zur Privatnutzung zur Verfügung zu stellen, wenn nach einer überschlägigen, allerdings vorsichtigen Kalkulation der sich für ihn hieraus ergebende tatsächliche Kostenaufwand zuzüglich des vertraglich vereinbarten Barlohns als wertangemessene Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft anzusehen ist.

3. Je geringer der Gesamtvergütungsanspruch des Arbeitnehmers ist, desto eher erreicht der Arbeitgeber die Risikoschwelle, nach der sich wegen einer nicht abschätzbaren intensiven Privatnutzung die Fahrzeugüberlassung als nicht mehr wirtschaftlich erweist.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 8 Abs. 2 Satz 2, § 12 Nrn. 1 und 2, § 40a Abs. 2 EStG, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV

 

Sachverhalt

Der Kläger, der einen Einzelhandel betrieb, beschäftigte seine mit ihm zusammen veranlagte ­Ehefrau E in seinem Unternehmen als Büro- und Kurierkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden (drei Stunden für Bürotätigkeiten und sechs Stunden als Kurierfahrerin). Als Monatslohn wurden 400 EUR vereinbart. Im Rahmen dieses geringfügigen Arbeitsverhältnisses überließ der Kläger E den Pkw, der für die Kurierfahrten genutzt wurde (zunächst einen Opel Astra, später einen Saab), zur uneingeschränkten und unbegrenzten Privatnutzung. Mit diesem Sachlohn war der Lohnanspruch im Wesentlichen abgegolten; die eher geringe Differenz zum vereinbarten Lohn von 400 EUR wurde der E ausgezahlt. Das FA sah das Ehegatten-Arbeitsverhältnis als fremdunüblich ­an und verweigerte den Betriebsausgabenabzug. Das FG gab der Klage statt (FG Köln, Urteile vom 27.9.2017, 3 K 2546/16, Haufe-Index 11638516, EFG 2018, 750 sowie 3 K 2547/16, Haufe-Index 11590908, EFG 2018, 755).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war aus den unter den Praxis-­Hinweisen dargestellten Gründen erfolgreich. Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Es fehlten erstinstanz­liche Feststellungen, in welchem Umfang das der ­Ehefrau überlassene Kfz betrieblich genutzt worden war und wie eine mögliche Nutzungsentnahme des Ehegatten-Unternehmers zu bewerten ist.

 

Hinweis

1. Damit Verträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich anerkannt werden können, müssen die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sein und auch tatsächlich durchgeführt werden. Angesichts des bei Angehörigen vielfach fehlenden natürlichen Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs muss aber auch sichergestellt sein, dass die Vertragsbeziehung dem Fremdver­gleich entspricht. Dabei bedarf es der Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände, wobei nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sach­verhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließt.

2. Hieraus folgt, dass vom Grundsatz her ­der steuerlichen Anerkennung eines Ehegatten-­Arbeitsverhältnisses nicht entgegensteht, dass dem Arbeitnehmer-Ehegatten ein Firmenfahrzeug zur privaten Verwendung überlassen wird. Vo­raussetzung ist allerdings, dass die konkreten ­Konditionen der Nutzungsüberlassung in dem zu beurteilenden Einzelfall fremdüblich ausgestaltet sind.

3. Bei der Beurteilung der Pkw-Gestellung an einen geringfügig Beschäftigten (Minijobber) ist damit zu fragen, ob und unter welchen Bedingungen ­ein Arbeitgeber einem Minijobber ein Dienstfahrzeug zur Privatnutzung auch dann zur Verfügung stellte, wäre er mit ihm nicht verwandt. Hierzu ist der Arbeitgeber typischerweise nur dann bereit, wenn aus seiner Sicht dem geschätzten mit ­der Nutzungsüberlassung verbundenen tatsäch­lichen Kostenaufwand eine angemessene Arbeitsleistung des Minijobbers gegenübersteht. Es kommt dabei auf den tatsächlichen Kostenaufwand beim Arbeitgeber an und nicht darauf, wie der Vorteil beim Arbeitnehmer steuerlich zu bewerten ist.

4. Bei einer unbegrenzten und uneingeschränkten Privatnutzung ist der damit verbundene Kostenaufwand des Arbeitgebers nicht kalkulierbar. Dies ist zwar bei jeder Pkw-Gestellung zur unbegrenzten Privatnutzung der Fall. Bei einem Minijob besteht aber die Gefahr, dass der unkalkulierbare relative Pkw-Mehraufwand derartig bedeutsam ist, dass sich die Gesamtvergütung, die für den Minijobber zu leisten ist, unverhältnismäßig erhöht. Damit steigt das Risiko des Arbeitgebers, dass sich die Überlassung eines Firmenfahrzeugs für ihn wegen einer nicht abschätzbaren Intensivnutzung durch den Arbeitnehmer nicht mehr wirtschaftlich lohnt. Hierauf würde sich ein fremder Dritter nicht einlassen. Dieser würde vielmehr entweder von einer Fahrzeugüberlassung absehen oder ...

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