Leitsatz

Die Vorsteuer aus der Neueindeckung eines Scheunendachs ist abzugsfähig, wenn sie mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage in Verbindung steht.

 

Sachverhalt

Der Kläger deckte im Jahr 2006 das Dach seiner um 1920 erbauten Scheune mit Tonziegeln neu ein und errichtete auf der Südseite des Daches eine Photovoltaikanlage. Unstreitig beträgt die gesamte neu eingedeckte Dachfläche 148 m², wovon die mit der Photovoltaikanlage bedeckte Südseite einen Anteil von 85 m² (57,43 %) ausmacht. Weiterhin schloss er einen Einspeisevertrag mit dem Energieunternehmen A und verzichtete gegenüber dem Finanzamt auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Im Klageverfahren wurde über Vorsteuerbeträge in Höhe von 281,41 EUR gestritten, die in Verbindung mit der Neueindeckung des Scheunendachs stehen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist ein Vorsteuerabzug daraus nicht möglich, weil die Photovoltaikanlage keinen Gebäudebestandteil darstelle und eine Zuordnung der ansonsten privat genutzten Scheune zum Unternehmensvermögen nicht möglich sei. Die Funktion des Scheunendachs bestehe darin, die Innenfläche der Scheune vor Witterungseinflüssen zu schützen, was letztlich nicht zum Unternehmen "Betrieb einer Photovoltaikanlage" gehöre.

 

Entscheidung

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Der Vorsteuerabzug aus der Erneuerung des Scheunendachs ist insoweit möglich, als die Südseite des Daches betroffen ist, auf der sich die Photovoltaikanlage befindet, also zu 57,43 %. Werden von einem Unternehmer Gegenstände als Teil des Privatvermögens erworben und diese Gegenstände für das Unternehmen genutzt, können die Aufwendungen für den unternehmerischen Gebrauch zum Vorsteuerabzug berechtigen. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer aus den laufenden Aufwendungen hängt dabei von dem Zusammenhang mit den besteuerten Umsätzen des Unternehmers ab, auch wenn der Gegenstand selbst Privatvermögen bleibt[1]. Die Dachsanierung und die damit zusammenhängenden Arbeiten standen nach Ansicht des Finanzgerichts insoweit in einem objektiv erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Stromgewinnung durch die Photovoltaikanlage.

In Anbetracht der voraussichtlichen Nutzungsdauer der Anlage von 20 Jahren ist es nachvollziehbar und wirtschaftlich sinnvoll, die Ziegel vor der Errichtung der Anlage auszuwechseln, da eine spätere Erneuerung mit dem Abbau der Anlage und einer damit verbundenen etwaigen Beschädigung und höheren Kosten verbunden wäre. Auch würde der Kläger in diesem Zeitraum keine Umsätze erzielen und damit einen Verlust erleiden. Die Dachsanierung ist danach eine wirtschaftlich nachvollziehbare Entscheidung, die sachlich allein auf der beabsichtigten Stromgewinnung beruht. Anhaltspunkte dafür, dass das Dach auch unabhängig von der neu errichteten Anlage eingedeckt worden wäre, bestehen im Streitfall nicht. Außerdem kommt es für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht darauf an, ob die Neueindeckung tatsächlich unerlässlich war und ob der Kläger einfachere und billigere Möglichkeiten zur Stromgewinnung gehabt hätte. Insoweit ist er als Unternehmer in seiner Entscheidung frei.

 

Hinweis

Nach Ansicht des FG Nürnberg ist es für den Vorsteuerabzug unschädlich, dass die Scheune offenbar unstrittig Privatvermögen geblieben ist. Eine gegenstandsbezogene Zuordnung der Scheune bzw. des Scheunendachs ist gemäß Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie nicht notwendig. Auch ist es für Zwecke der Umsatzsteuer ohne Bedeutung, dass die bezogenen Leistungen Erhaltungsaufwand für die Scheune darstellen. Anlass für die Neueindeckung war schließlich nicht die gewollte oder erforderliche Verbesserung des Gebäudezustands, sondern die Errichtung der Photovoltaikanlage und deren unternehmerische Nutzung.

Bereits mit rechtskräftigem Urteil vom 29.9.2009 (2 K 784/2009) hat das FG Nürnberg Vorsteuerbeträge aus einer Dachsanierung und Dacherweiterung im Zusammenhang mit der Errichtung einer Photovoltaikanlage zum Abzug zugelassen.

Hinweis: Die Ansicht der Finanzverwaltung ist insoweit offenbar z. T. nicht ganz einheitlich[2].

Zwischenzeitlich ist gegen die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg vom 13.4.2010 das Revisionsverfahren beim BFH anhängig geworden (XI R 29/10). Dieser muss nun konkret darüber befinden, inwiefern der Vorsteuerabzug aus den Kosten der Dachsanierung eines Gebäudes geltend gemacht werden kann, wenn auf einem Teil des Daches eine unternehmerisch genutzte Photovoltaikanlage montiert wird. Bis zu einer abschließenden Entscheidung sollten ähnlich gelagerte Fälle offen gehalten werden.

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 13.04.2010, 2 K 952/2008

[2] Vgl. die Verfügungen der OFD Frankfurt v. 10.7.2008 - S 7300 A - 156 - St 111 und der OFD Karlsruhe vom 28.1.2009 - S 7104/2; hierzu auch Lehr, NWB 2009, S. 2659

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