Leitsatz

Ein Testamentsvollstrecker ist nach § 31 Abs. 5 Satz 1 ErbStG zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerber nur verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das FA die Abgabe der Erklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 1 Satz 1, § 31 Abs. 1 und 5 ErbStG, § 122 Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 1 Satz 1 AO, § 2203, § 2209, § 2210, § 2223 BGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin wurde in einem Erbvertrag ihrer Großeltern als Nachvermächtnisnehmerin hinsichtlich eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück nach dem Ableben der Vorvermächtnisnehmerinnen A und C eingesetzt. Die Großeltern ordneten eine Testamentsvollstreckung für ihren Nachlass an. Das Amt des Testamentsvollstreckers sollte u.a. die Aufgabe umfassen, für die Ausführung der Vermächtnisse zu sorgen und die vermachten Gegenstände auch nach der Vermächtniserfüllung für die im Erbvertrag bestimmte Dauer der Testamentsvollstreckung weiter zu verwalten. Das sollte insbesondere auch für die vermachten Miteigentumsanteile an Grundstücken gelten. Nach dem Tod der Vorvermächtnisnehmerin C setzte das FA, ohne von der Klägerin oder dem Testamentsvollstrecker eine Erbschaftsteuererklärung anzufordern, wegen des Nachvermächtnisses gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest. Der Erbschaftsteuerbescheid war an die Klägerin gerichtet und wurde ihr auch bekannt gegeben.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des Erbschaftsteuerbescheids wegen fehlerhafter Bekanntgabe, weil dieser Bescheid dem Testamentsvollstrecker hätte bekannt gegeben werden müssen. Dem folgte das FG nicht (FG Düsseldorf, Urteil vom 26.1.2011, 4 K 1956/10 Erb, Haufe-Index 2638290, EFG 2011, 1081).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BFH bejahte die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheids an die Klägerin. Eine Bekanntgabe des Bescheids an den Testamentsvollstrecker sei nicht erforderlich gewesen, weil das FA diesen insoweit nicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufgefordert hatte.

 

Hinweis

Hat ein Testamentsvollstrecker gem. § 31 Abs. 5 ErbStG eine Steuererklärung abzugeben, so ist ihm als Zugangsvertreter gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 ErbStG auch der Steuerbescheid bekannt zu geben. Diese von § 122 Abs. 1 Satz 1 AO abweichende Regelung hat erhebliche Praxisbedeutung, weil der Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker Wirkung gegenüber dem Steuerschuldner zukommt.

Bislang bestanden gewisse Zweifel, unter welchen Voraussetzungen eine Steuererklärungspflicht des Testamentsvollstreckers nach § 31 Abs. 5 ErbStG besteht. Hier hat der BFH nunmehr in einigen Detailfragen Klarheit geschaffen.

1.§ 31 Abs. 5 ErbStG begründet keine uneingeschränkte Erklärungspflicht des Testamentsvollstreckers. Dieser ist aufgrund seiner zivilrechtlichen Stellung nur zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerber verpflichtet, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf den Gegenstand des Erwerbs bezieht und das FA die Abgabe der Erklärung vom Testamentsvollstrecker verlangt.

Die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung erstreckt sich auf Erwerbe von Todes wegen durch Erben bzw. Vermächtnisnehmer, wenn die Testamentsvollstreckung hinsichtlich des Nachlasses bzw. des Vermächtnisses angeordnet wurde.

2. In Bezug auf einen Vermächtnisnehmer tritt eine Steuererklärungspflicht des Testamentsvollstreckers jedoch nur ein, wenn der Testamentsvollstrecker über die bloße Erfüllung des Vermächtnisses hinaus weitere Befugnisse hinsichtlich des vermachten Gegenstands hat (z.B. bei Dauervollstreckung, § 2209 BGB). Der Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers umfasst grundsätzlich nicht die Regelung von (weiteren) Angelegenheiten der Personen (z.B. Vermächtnisnehmern), denen infolge des Erbfalls lediglich schuldrechtliche Ansprüche erbrechtlicher Natur gegenüber den Erben zustehen. Erstreckt sich aber der Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers auf die Verwaltung des vermachten Gegenstands nach Erfüllung des Vermächtnisses, kann der Testamentsvollstrecker auch zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für den Vermächtnisnehmer aufgefordert werden.

3. Der BFH hat nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass die Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe der Steuererklärung erst mit der entsprechenden Aufforderung des FA entsteht. Damit werden Testamentsvollstrecker letztlich ebenso behandelt wie Erben; auch diese müssen erst aufgrund einer entsprechenden Aufforderung durch das FA eine Steuererklärung abgeben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.6.2013 – II R 10/11

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