Kommentar

Den sogenannten Pflegepauschbetrag von 1.800 DM im Kalenderjahr kann anstelle der Steuerermäßigung nach § 33 EStG ( außergewöhnliche Belastung ) geltend machen, wem außergewöhnliche Aufwendungen für die Pflege einer Person erwachsen, die nicht nur vorübergehend so hilflos ist, daß sie für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens in erheblichem Umfang fremder Hilfe bedarf ( Pflegekosten ). Voraussetzung für die Gewährung des Pflegepauschbetrags ist, daß der Steuerpflichtige wegen seiner außergewöhnlichen Belastungen keine Einnahmen erhält ( § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG ). Im Falle der Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit der Pflegeleistungen dem Grunde

nach wird das Entstehen von pflegebedingten Aufwendungen vom Gesetz unterstellt . Während die Außergewöhnlichkeit von pflegebedingten Aufwendungen regelmäßig außer Frage steht, ist die Frage der Zwangsläufigkeit der Pflegeaufwendungen häufig kritisch. Wie der BFH nunmehr entschieden hat, ist die Zwangsläufigkeit im Rahmen des § 33b Abs. 6 EStG nach weniger strengen Kriterien als gemäß § 33 Abs. 2 EStG zu beurteilen. Danach ist für die Gewährung des Pflegepauschbetrags gemäß § 33b Abs. 6 EStG eine sittliche Verpflichtung zur Pflege unter der Voraussetzung anzuerkennen , daß eine enge persönliche Beziehung zwischen dem Steuerpflichtigen und der gepflegten Person besteht . Soweit dem Pflegepauschbetrag übersteigende Aufwendungen geltend gemacht werden, verbleibt es dagegen bei den – strengeren – Anforderungen i.S.v. § 33 Abs. 2 EStG . Danach ist eine Zwangsläufigkeit aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nur dann gegeben, wenn diese Gründe von außen so auf die Entschließung des Steuerpflichtigen einwirken, daß er ihnen nicht ausweichen kann ( BFH, Urteil v. 26. 4. 1991, III R 69/87, BStBl 1991 II S. 755 ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.08.1996, III R 4/95

Zur Erläuterung:

Im Streitfall war der Kläger von Beruf Fachlehrer für Biologie und

Religion . Als Gründungsmitglied und ehrenamtlicher Mitarbeiter eines Vereins zur Bekämpfung von Aids und zur Betreuung von Aids

kranken hatte er einen an Aids Erkrankten , der weder mit ihm verwandt war noch bei ihm wohnte, bis zu dessen Tod regelmäßig betreut . Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs reichten die besondere berufliche Stellung des Klägers, aber auch seine Position in dem Verein zur Bekämpfung von Aids und zur Betreuung von an Aids erkrankten Personen sowie auch die hohen moralischen Ziele, die sich der Kläger gesetzt hatte, für die Begründung einer engen persönlichen Beziehung zu dem von ihm Betreuten nicht aus. Die Begründung der mitgeteilten Entscheidung läßt erkennen, daß sich der Bundesfinanzhof seine Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Es stellt sich allerdings die Frage, ob es der Förderungszweck des § 33b Abs. 6 EStG nicht doch als vertretbar erscheinen läßt, die Zwangsläufigkeit von Pflegeaufwendungen regelmäßig zu unterstellen (so auch Kanzler in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 33b EStG Anm. 128).

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