Leitsatz

1. Aufwendungen für die Pflege einer Wahlgrabstätte, in der nicht der Erblasser, sondern dritte Personen bestattet sind, sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn sich bereits der Erblasser für die Dauer des Nutzungsrechts zur Pflege verpflichtet hatte und diese Pflicht auf den Erben übergegangen ist.

2. Abzugsfähig sind die am Bestattungsort üblichen Grabpflegekosten für die Laufzeit des Grabnutzungsrechts. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Todes des Erblassers.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 3, § 11, § 12 Abs. 1 ErbStG, § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BewG, § 1922 BGB, § 162 Abs. 1 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Alleinerbe des im November 2013 verstorbenen Erblassers E. E hatte ein Nutzungsrecht an einer Wahlgrabstätte auf einem Friedhof in X für die Dauer vom 25.10.2012 bis zum 24.10.2032 erworben. Die im Herbst 2012 verstorbene Mutter des E wurde in der Wahlgrabstätte beigesetzt. Am 16.7.2013 stellte die zuständige Verwaltung dem E eine Urkunde über das Nutzungsrecht aus, nachdem er die entsprechende Gebühr gezahlt hatte. E hatte aufgrund der Friedhofssatzung die Pflicht zur Anlage und Pflege der Grabstätte.

Das FA berücksichtigte bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in der Einspruchsentscheidung zwar den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG i.H.v. 10.300 EUR, nicht aber die vom Kläger geltend gemachten Kosten für die Pflege der Wahlgrabstätte i.H.v. 49.200 EUR.

Das FG wies die Klage ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.1.2017, 4 K 1641/15 Erb, Haufe-Index 11569410). Die vom Kläger für die Wahlgrabstätte geltend gemachten Kosten seien weder nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 noch nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Bei dem öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnis handle es sich um ein schwebendes Geschäft, das nicht in die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer miteinzubeziehen sei. Der Wert des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte und die Aufwendungen für dessen Anlage und Pflege würden sich der Höhe nach ausgleichen.

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, dass der Wert des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte und die Aufwendungen für dessen Anlage und Pflege sich der Höhe nach ausgleichen würden, sodass ein für den Kläger günstiger Abzug der Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten nicht erreicht werden könne. Das FG werde festzustellen haben, ob der Kläger der Übertragung des Grabnutzungsrechts auf ihn zugestimmt hat, wie hoch die von E gezahlte Gebühr für den Erwerb des Nutzungsrechts an der Wahlgrabstätte war, ob auch E selbst in dieser bestattet ist und ggf. welche Kosten für die Pflege von Grabstätten auf dem Friedhof in X üblich sind.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil betrifft die erbschaftsteuerrechtlichen Folgen des Übergangs einer vom Erblasser erworbenen Wahlgrabstätte auf den Erben und der Verpflichtung des Erben zur Pflege des Grabes.

1. Bei dem durch den Friedhofsträger in der Handlungsform des Verwaltungsakts verliehenen Grabnutzungsrecht handelt es sich i.d.R. um ein subjektiv-öffentliches Sonderrecht, das in der Person des Rechtsinhabers besteht.

Das Recht endet nicht mit dem Tod des Rechtsinhabers, sondern ist übertragbar. Es kann nach Maßgabe der Friedhofssatzung, die die Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger des Friedhofs und dem Inhaber des Nutzungsrechts regelt, auf die Erben übergehen, allerdings nur mit deren Zustimmung. Sieht die Friedhofssatzung eine Übertragung des Grabnutzungsrechts auf den Erben vor und stimmt dieser dem Übergang zu, erwirbt er das Nutzungsrecht nach den zivilrechtlichen Bestimmungen der Erbfolge i.S.d. §§ 1922ff. BGB.

2. Steuerrechtlich liegt dabei ein Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alternative ErbStG vor.

a) Hatte der Erblasser die Grabnutzungsgebühr bereits vollständig entrichtet und die Erlaubnis zur Nutzung der Wahlgrabstätte erhalten, ist der Erwerb des Nutzungsrechts bei der Bemessung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen. Es liegt kein schwebendes Geschäft vor; denn die beiderseitigen Hauptpflichten sind erfüllt.

b) Der Kapitalwert des Grabnutzungsrechts ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem aus Anlage 9a zum BewG zu entnehmenden Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen, wenn es auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist. Der Jahreswert ergibt sich aus § 15 Abs. 2 BewG.

c) Für die Wertermittlung kommt es nach § 11 ErbStG auf den Zeitpunkt an, zu dem die Erbschaftsteuer entsteht, also den Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Dem steht nicht entgegen, dass der Erwerb des Grabnutzungsrechts der Zustimmung des Erben bedarf. Mit der Zustimmung erwirbt der Erbe das Nutzungsrecht rückwirkend auf den Todeszeitpunkt des Erblassers.

3. Hinsichtlich der Abziehbarkeit der Aufwendungen für die Pflege des Grabes, an dem der Erbe das Nutzungsrecht erworben hat, als Nachlassverbindlichkeiten ist wie folgt zu unterscheid...

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