BMF, 20.10.2016, IV C 6 - S 2175/07/10001

Nach dem BMF-Schreiben vom 16.8.2000 (BStBl 2000 I S. 1218) können Versicherungsunternehmen Schadenrückstellungen nach einem Pauschalverfahren abzinsen. Dieses Verfahren kann für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die vor dem 1.1.2017 enden (BMF-Schreiben vom 8.12.2015, BStBl 2015 I S. 1027).

Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der Abzinsung von Rückstellungen für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle (Schadenrückstellungen im Sinne von § 341g HGB) ab 2017 Folgendes:

 

I. Abzinsungspflicht, Grundsatz der Einzelbewertung

1

Schadenrückstellungen sind nach § 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe e EStG abzuzinsen. Der Grundsatz der Einzelbewertung ist zu beachten.

 

II. Pauschalregelung für Erst- und Rückversicherungsunternehmen

2

Es ist nicht zu beanstanden, wenn Erst- oder Rückversicherungsunternehmen bei der Abzinsung der Schadenrückstellungen das nachfolgend dargestellte Pauschalverfahren anwenden. Voraussetzung ist, dass alle Schadenrückstellungen des jeweiligen Versicherungsunternehmens nach diesem Verfahren pauschal abgezinst werden; dies umfasst alle von ihm betriebenen Versicherungszweige (Vz) der selbst abgeschlossenen und übernommenen Versicherungsgeschäfte.

 

1. Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abzinsung

3

Ausgehend von den in der Handelsbilanz passivierten Rückstellungen sind folgende Beträge bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abzinsung auszuscheiden, soweit den handelsrechtlichen Bilanzansätzen keine steuerrechtlichen Sonderregelungen entgegenstehen:

  1. Rückstellungsbeträge, die ausländischen Betriebsstätten zuzuordnen sind, deren Einkünfte nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der inländischen Besteuerung freizustellen sind,
  2. Renten-Deckungsrückstellungen und
  3. Minderungsbeträge nach § 20 Absatz 2 KStG (vgl. BMF-Schreiben vom 5.5.2000, BStBl 2000 I S. 487), soweit sie nicht bereits in der Handelsbilanz berücksichtigt worden sind.

4

Die nach dem Abzug gemäß Randnummer 3 verbleibenden Rückstellungsbeträge sind um 35 % zu kürzen. Damit werden die in § 6 Absatz 1 Nummer 3 und 3a Buchstabe e EStG aufgeführten einschränkenden Regelungen zur Abzinsung von Rückstellungen für verzinsliche Verpflichtungen und für Sachleistungsverpflichtungen pauschal berücksichtigt.

5

Die für die Versicherungszweige zu bildenden Schadenrückstellungen sind anschließend an die Korrektur nach den Randnummern 3 und 4 folgenden Gruppen zuzuordnen:

Gruppe 1 Haftpflichtversicherung (Vz 04)
  Kraftfahrthaftpflichtversicherung (Vz 051)
  Luft- und Raumfahrzeug-Haftpflichtversicherung (Vz 25)
Gruppe 2 Unfallversicherung (Vz 03)
  Rechtsschutzversicherung (Vz 07)
  Kredit- und Kautionsversicherung (Vz 20)
Gruppe 3 Lebensversicherung (Vz 01)
Gruppe 4 Krankenversicherung (Vz 02)
  verbundene Hausratversicherung (Vz 13)
  Beistandsleistungsversicherung (Vz 24)
Gruppe 5 Die übrigen in den Gruppen 1 bis 4 nicht namentlich aufgeführten Versicherungszweige nach der Verordnung über die Berichterstattung von Versicherungsunternehmen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.
 

2. Vervielfältiger

6

Zur Berücksichtigung der Abzinsung sind die folgenden Vervielfältiger zu verwenden:

       
  Gruppe 1 0,8062  
  Gruppe 2 0,9030  
  Gruppe 3 0,9755  
  Gruppe 5 0,9511  
       

Die die Gruppe 4 betreffenden Schadenrückstellungen sind nicht abzuzinsen.

7

Die in Randnummer 6 genannten Vervielfältiger berücksichtigen bereits, dass eine Abzinsung unterbleibt, soweit die Restlaufzeit der Verpflichtung, die der Rückstellung zugrunde liegt, am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt.

 

3. Ergebnis

8

Für die steuerliche Gewinnermittlung sind die Rückstellungsbeträge nach Randnummer 5 mit dem jeweiligen Vervielfältiger nach Randnummer 6 zu multiplizieren.

 

III. Zeitliche Anwendung des Pauschalverfahrens

9

Die Pauschalregelung der Randnummern 2 bis 8 kann für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die nach dem 31.12.2016 enden.

 

IV. Übergangsregelung

10

Für den steuerlichen Gewinn, der sich im ersten nach dem 31.12.2016 endenden Wirtschaftsjahr aus der erstmaligen Anwendung des obigen Pauschalverfahrens ergibt, kann in Höhe von höchstens neun Zehnteln eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden neun Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Neuntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).

11

Der Gewinn nach Randnummer 10 ist wie folgt zu ermitteln:

  Summe der Schadenrückstellungen unter Berücksichtigung des bisherigen Pauschalverfahrens (BMF–Schreiben vom 16.8.2000, a. a. O.)
abzgl. Summe der in der Steuerbilanz anzusetzenden Schadenrückstellungen unter Berücksichtigung des neuen Pauschalverfahrens (Randnummern 2 bis 8)
  maßgebender Gewinn, davon Rücklage maximal 9/10

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Es steht auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen unter der Rubrik Steuern – Veröffentlichu...

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