Leitsatz

Hat ein buchführender Landwirt ein Entgelt für die zeitlich nicht begrenzte Verpflichtung erhalten, seine Landwirtschaft nicht über den bisherigen Umfang hinaus zu erweitern, ist zur Wahrung des Realisationsprinzips ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 250 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Abs. 1 Nr. 5 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus LuF, die er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelte. Er tauschte mit einem Zweckverband (Z) zur Erweiterung seines Schweinemastbetriebs Grundstücke. Im Juli 2005 vereinbarten der Kläger und Z einen Nachtrag zum Tauschvertrag. In diesem verpflichtete sich der Kläger die Schweinehaltung lediglich im bisherigen Umfang fortzuführen, aber nicht wie geplant zu erweitern und entsprechende Dienstbarkeiten im Grundbuch eintragen zu lassen. Z verpflichtete sich seinerseits, dem Kläger zum Bau einer Biogasanlage unabhängig von den tatsächlich entstehenden Kosten einen einmaligen Geldbetrag zu zahlen. Die Gesamtsumme sollte allerdings nur zur Auszahlung kommen, wenn der Kläger mit dem Bau der Biogasanlage vor dem … 2006 begann. Anderenfalls sollte der Kläger lediglich mit einem Teilbetrag aus der vereinbarten Gesamtleistung entschädigt werden. In der Folgezeit wurde die Biogasanlage errichtet. Der Kläger wies daraufhin in seiner Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 einen außergewöhnlichen Ertrag i.H.d. an ihn ausgezahlten Gesamtbetrags aus, den er den Streitjahren jeweils hälftig zurechnete und nach § 34 Abs. 2 EStG ermäßigt besteuert haben wollte. Das FA berücksichtigte den Gewinn ohne Anwendung des § 34 EStG. Das FG gab der Klage teilweise statt. Der Kläger habe einen Teil der Gesamtleistung als Entschädigung für das Unterlassen der Erweiterung seines Schweinemastbetriebs erhalten. Insoweit sei in der Bilanz zum 30.6.2006 im Wege der Bilanzberichtigung ein passiver RAP zu bilden und über 15 Jahre aufzulösen. Für eine ermäßigte Besteuerung nach § 24, § 34 EStG sei daher kein Raum (FG Nürnberg, Urteil vom 19.9.2013, 4 K 1613/11, Haufe-Index 6639311, EFG 2014, 906).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen. Denn das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen passiven RAP ansetzen durfte. Auf die Anschlussrevision des Klägers hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die ESt für die Streitjahre antragsgemäß herabsetzt, weil der RAP nicht – wie vom FG angenommen – über 15 Jahre, sondern – wie vom Kläger begehrt – über einen Zeitraum von 25 Jahre aufzulösen sei.

 

Hinweis

1. Gemäß § 250 Abs. 2 HGB sind als RAP auf der Passivseite der Bilanz Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellen; dem entspricht wörtlich § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Diese Vorschriften sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt nach dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5 HGB) erst dann – durch Auflösung des RAP – erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat.

Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung

Die Bestimmungen gelten als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung für gewerblich wie nicht gewerblich tätige Unternehmer, also auch für Landwirte, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln.

2. Eine Einnahme, die die Bildung eines passiven RAP rechtfertigen kann, liegt nicht nur bei Bar- oder Buchgeldzahlungen vor. Sie kann auch in einer als Ertrag gebuchten Forderung bestehen, soweit ihrer Aktivierung nicht der Grundsatz der Nichtbilanzierung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften entgegensteht (BFH, Urteil vom 31.5.1967, I 208/63, BStBl III 1967, 607, BFH, Urteil vom 17.7.1974, I R 195/72, BStBl II 1974, 684 und BFH, Urteil vom 17.9.1987, IV R 49/86, BStBl II 1988, 327).

3. Die Vorinstanz hat vorliegend den Nachtrag zum Tauschvertrag – in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise – dahin ausgelegt, dass die darin vereinbarte Leistung des Zweckverbands aufzuteilen ist. Sie stellt sich zum einen als Zuschuss für die Errichtung der Biogasanlage dar. Zum anderen kommt ihr Entschädigungscharakter zu. Denn sie ist auch für die zeitlich unbegrenzte, durch eine Dienstbarkeit abgesicherte Verpflichtung zur Nichterweiterung der Schweinehaltung geleistet worden. Der Kläger sollte nämlich einen Teil des Gesamtbetrags unabhängig vom rechtzeitigen Baubeginn der Biogasanlage erhalten.

4. Damit ist die Einnahme i.H. dieses Teilbetrags Ertrag für eine Zeit "nach dem Abschlussstichtag". Denn der Kläger erhielt diesen Betrag nicht – wie das FA meint – für einen bloßen (vor dem Abschlussstichtag bereits erklärten) Verzicht, für den als eine vor dem Abschlussstichtag bereits vollständig vollzogene Leistung kein passiver RAP gebildet werden kann. Er hat sich vielmehr dauerhaft verpflichte...

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