Leitsatz

1. Bezieht sich ein Mietspiegel nicht auf möbliert oder teilmöbliert vermietete Wohnungen, ist für die Möblierung im Rahmen der Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete i.S. des § 21 Abs. 2 EStG ein Zuschlag zu berücksichtigen, soweit sich auf dem örtlichen Mietmarkt für möblierte Wohnungen hierfür ein Zuschlag ermitteln lässt.

2. Ein solcher Möblierungszuschlag kann nicht aus dem Monatsbetrag der linearen AfA für die überlassenen Möbel und Einrichtungsgegenstände abgeleitet werden. Der Ansatz eines prozentualen Miet­renditeaufschlags ist nicht zulässig.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger, Eheleute, vermieteten an ihren Sohn eine Wohnung. Mitvermietet war eine neue Einbauküche, eine Waschmaschine und ein Trockner. Das FA erhöhte die nach dem Mietspiegel ortsübliche Marktmiete um einen "Möblierungszuschlag" in Höhe der AfA für die überlassenen Gegenstände (90,95 EUR/Monat). Danach ergab sich eine verbilligte Vermietung. Das FG hat die Klage abgewiesen und den vom FA angenommenen Möblierungszuschlag noch um einen "Gewinnaufschlag" von 4 % jährlich erhöht.

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung ­der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 3.11.2016, 11 K 3115/14 E, Haufe-Index 10894578, EFG 2017, 1277). Das FG wird zunächst feststellen müssen, dass eine Einbauküche nicht zu den vom örtlichen Mietspiegel bereits berücksichtigten Ausstattungsmerkmalen gehört. Es wird aber zu beachten haben, dass der aktuelle Mietspiegel der betreffenden Gemeinde für die Überlassung einer Einbauküche eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors um 0,03 Punkte vorsieht. Im Übrigen muss das FG die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nachholen (Sachverständigengutachten) und den Sachverhalt insgesamt neu würdigen.

 

Hinweis

Die verbilligte Vermietung im Angehörigenverhältnis birgt Gefahren. Nicht immer lässt sich die Vergleichsgröße der ortsüblichen Marktmiete sicher bestimmen. Der Besprechungsfall betrifft die Frage, unter welchen Umständen die ortsübliche Marktmiete durch einen Zuschlag für Möblierung erhöht ist.

1. Liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 EStG vor, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Das bedeutet, dass Werbungskosten teilweise nicht mehr abziehbar sind. Je höher die ortsübliche Marktmiete angenommen wird, umso eher wird die gesetzliche Schwelle für eine verbilligte Vermietung unterschritten. Die Finanzämter tendieren deshalb dazu, eine möglichst hohe ortsübliche Marktmiete anzunehmen.

2. Wird die Wohnung möbliert vermietet, erhöht sich dadurch grundsätzlich ihr Gebrauchswert. Häufig, so der BFH, schlägt sich dies auch in einer höheren ortsüblichen Marktmiete nieder. Aber eben nicht immer. Es ist zwar "grundsätzlich" ein Möblierungszuschlag anzusetzen. Dieser darf aber nicht normativ bestimmt oder bloß "gegriffen" werden. Es genügt auch nicht, dass er der Lebenserfahrung entspricht, sondern das FG muss ihn als eine erhebliche Tatsache selbst feststellen. Das bedeutet, er muss, da er einer unmittelbaren Feststellung nicht zugänglich ist, grundsätzlich zur vollen Überzeugung des Gerichts aus anderen (festgestellten) Tatsachen nachvollziehbar abgeleitet werden.

a) Bei der Feststellung kann sich das FG des örtlichen Mietspiegels bedienen, sofern sich daraus ein Zuschlag für die im Einzelfall gegebene Ausstattung der Wohnung entnehmen lässt. Die Bezugnahme auf den geltenden Mietspiegel ersetzt i.d.R. eigene Feststellungen des Gerichts. Das Gericht muss sich aber – wie bei einem Sachverständigengutachten – ggf. davon überzeugen, dass der Mietspiegel im Hinblick auf seine empirischen und methodischen Grundlagen anzuerkennen ist.

b) Ist ein Mietspiegel nicht vorhanden oder ist er in Bezug auf die konkrete Ausstattung der Wohnung unergiebig, muss das FG auf andere Weise feststellen, ob und in welcher Höhe sich vor Ort durch Möblierung ein Zuschlag auf die Miete durchsetzen lässt. Dazu muss das FG in der Regel ein Sachverständigengutachten einholen. Wenn es davon absehen will, muss es seine eigene Sachkunde im Urteil darlegen und erklären, weshalb es den örtlichen Mietmarkt selbst so detailliert kennt. Unterlässt es dies oder reichen die Darlegungen nicht aus, begeht es einen Verfahrensfehler, auf dem das Urteil in aller Regel auch beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Für die Finanzämter gilt das nicht. Sie unterliegen bei der Feststellung von Tatsachen nicht den strengen Anforderungen des Beweisrechts (§ 82 ZPO) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 96).

c) Unter Umständen darf das Gericht auch aus einem aktuellen (nicht das Streitjahr betreffenden Mietspiegel) zurückschließen, wenn der aktuelle Mietspiegel in Bezug auf die konkrete Frage ergiebig ist und das FG schlüssig darlegen kann, weshalb es davon ausgeht, dass die Ergebnisse auf das Streitjahr zurück übertragen werden können. In diesem Rahmen ist dem FG eine Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Ha...

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