Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung eines Franchisevertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt einen schwerwiegenden Vertragsverstoß dar, der den Franchisenehmer gem. §§ 314, 323 Abs. 2 BGB zur sofortigen fristlosen Kündigung des Franchisevertrages ohne vorangegangene Abmahnung berechtigt, wenn der Franchisegeber bei der Verwaltung eines treuhänderisch verwalteten gemeinsamen Werbefonds über einen längeren Zeitraum von den Regelungen des Franchisevertrages zum Nachteil des Franchisenehmers abweicht und dies vor dem Franchisenehmer verheimlicht.

 

Normenkette

BGB §§ 314, 323

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 4 HKO 10455/03)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 15.7.2004 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Es wird festgestellt, dass das Franchisevertragsverhältnis zwischen den Parteien seit dem 23.8.2001 beendet ist und dass der Beklagte seit dem 23.8.2001 mit der Klägerin in Wettbewerb treten durfte und darf.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Frage, ob sich der Beklagte als Franchisenehmer durch Anfechtung oder Kündigung von dem mit der Klägerin als Franchisegeberin geschlossenen Franchisevertrag lösen konnte.

Die Klägerin ist Master-Franchisenehmerin der ... mit Sitz in Kanada, die in mehreren Ländern durch insgesamt ca. 1.000 Franchisenehmer Reisebüros betreiben lässt. Die Klägerin schließt hierbei in ihrer Eigenschaft als Master-Franchisenehmerin für den Bereich Deutschland ihrerseits als Franchisegeberin Verträge mit Franchisenehmern (Reisebürobetreibern) ab.

Das ... Franchisesystem wird seit dem Jahr 1995 in Deutschland betrieben. Ein erstes ...-Reisebüro wurde am 5.10.1995 in München eröffnet.

Der Beklagte, der keinerlei berufliche Erfahrung mit dem Betrieb eines Reisebüros hatte, schloss am 20.11.1996 als Franchisenehmer einen Franchisevertrag mit der Klägerin als Franchisegeberin. In dem umfangreichen Vertragswerk sind die gegenseitigen Pflichten ausführlich geregelt. Ergänzend ist in § 5 Abs. 2 auf Richtlinien und Handbücher Bezug genommen, in denen die Geschäftsgrundsätze des ...-Systems niedergelegt sind; diese Handbücher, die in der Anlage A zu dem Vertrag aufgelistet sind, sollen jeweils Bestandteil des Vertrages sein, wobei dem Franchisegeber das Recht eingeräumt wird, im Rahmen von Treu und Glauben und zur Anpassung an veränderte Marktgegebenheiten diese Handbücher zu ändern, ohne dass hierfür eine Zustimmung des Franchisenehmers erforderlich sein soll.

In § 13 des Vertrages ist niedergelegt, dass Werbung und Marketing auf überregionaler und nationaler Ebene Sache des Franchisegebers sein soll. Zu diesem Zweck soll ein Werbefonds eingerichtet werden ("Image Development Fonds", abgekürzt IDF), der sowohl durch Beiträge der Franchisenehmer als auch des Franchisegebers gespeist werden soll. Es ist festgelegt, dass der Franchisenehmer neben den normalen Franchisegebühren einen gesonderten Beitrag zu diesem IDF-Fonds i.H.v. monatlich zunächst 900 DM und ab dem Kalenderjahr 1997 i.H.v. monatlich 1.000 DM leisten soll.

Es heißt weiter, dass der Franchisegeber den IDF-Fonds nach seinem Ermessen verwalten wird, wobei er dafür Sorge zu tragen hat, dass die Mittel des Fonds ausschließlich für Werbung, Marketing- oder Public-Relation- oder verwandte Maßnahmen verwendet werden, die zumindest von regionaler Bedeutung sind.

Der Franchisenehmer soll einmal pro Jahr die Einnahmen- und Ausgabenrechnung des IDF-Fonds für das zurückliegende Geschäftsjahr erhalten.

Im Übrigen wird auf das Richtlinien-Handbuch verwiesen. In diesem Richtlinien-Handbuch ist in Ziff. 11.1 ausdrücklich festgelegt, dass der Franchisegeber einen eigenen Beitrag zu dem Werbefonds leistet, und zwar i.H.v. 10 % der gesamten Franchisegebühren, die von ...-Franchisenehmern der Region im Vormonat bezahlt worden sind. Auch hier heißt es weiter, dass der Franchisegeber berechtigt sein soll, die Höhe der Beiträge zum IDF unter Berücksichtigung der Kaufkraftentwicklung, der Entwicklung des Reisebüromarktes und der Entwicklung der Bekanntheit der Marke ... nach seinem Ermessen anzupassen.

Der Franchisevertrag enthält in § 14 Abs. 4 die Bestimmung, dass der Franchisenehmer während der Laufzeit des Vertrages kein anderes in der Reisebranche tätiges Unternehmen betreiben darf, und dass er mit der Franchisegeberin auch sonst nicht in Wettbewerb treten darf.

Die Laufzeit des Vertrages ist auf 10 Jahre festgelegt, also bis 19.11.2006.

Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Franchisevertrages auf die Anlage AS 1 und wegen des Inhalts des Richtlinien-Handbuches vom Mai 1995 auf die Anlage B 8 Bezug genommen.

Der Beklagte nahm im Jahr 1997 seine...

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