Leitsatz

1. Bringt eine Personengesellschaft ihren Gewerbebetrieb in eine andere Personengesellschaft ein, können vortragsfähige Gewerbeverluste bei fortbestehender Unternehmensidentität mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet werden, der auf die Obergesellschaft entfällt. Mit dem auf andere Gesellschafter der Untergesellschaft entfallenden Teil des Gewerbeertrags können Verluste aus der Zeit vor der Einbringung auch dann nicht verrechnet werden, wenn ein Gesellschafter der Obergesellschaft zugleich Gesellschafter der Untergesellschaft ist.

2. Beteiligt sich ein Kommanditist später auch als atypisch stiller Gesellschafter an der KG, ist dies ertragsteuerlich als Einbringung des Betriebs der KG in die atypisch stille Gesellschaft mit der Folge zu werten, dass eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft entsteht.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 10a GewStG, § 24 UmwStG

 

Sachverhalt

An einer GmbH & Co. KG beteiligte sich eine Kommanditistin zusätzlich als stille Gesellschafterin. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die stille Gesellschafterin im Innenverhältnis die wirtschaftlich einem Kommanditisten entsprechende Stellung haben. Die Gewinnanteile von Kommanditisten und stiller Gesellschafterin wurden nach Kapitalanteilen bemessen.

Im ersten Jahr der Beteiligung der stillen Gesellschafterin erzielte die KG einen Gewinn und war der Auffassung, dieser sei voll mit dem auf das Ende des Vorjahrs für die KG festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust zu verrechnen. Das FA nahm den auf die stille Gesellschafterin entfallenden Gewinnanteil jedoch von der Verrechnung aus. Das FG hielt die Handhabung des FA für richtig (FG Köln, Urteil vom 14.7.2010, 4 K 3505/07, Haufe-Index 2667868, EFG 2011, 1083).

 

Entscheidung

Im Revisionsverfahren machte das FA erstmals geltend, der für die KG festgestellte Gewerbeverlust könne von der KG & Still überhaupt nicht genutzt werden. Dem schloss sich der BFH aber nicht an, sondern bestätigte die vom FG und ursprünglich auch vom FA vertretene Auffassung. Wegen Unklarheiten bei der Berechnung des Gewinnanteils der stillen Gesellschafterin verwies er das Verfahren aber trotzdem an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung betrifft einerseits die ertragsteuerliche Einordnung einer KG & Still im Allgemeinen (dazu unter 2.). Andererseits beschäftigt sich das Urteil mit besonderen gewerbesteuerlichen Fragen, insbesondere mit der Nutzung gewerbe­steuerlicher Verlustvorträge aus der Zeit vor Begründung der stillen Gesellschaft (dazu unter 3.).

2. a) Die atypisch stille Gesellschaft wird als Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG angesehen. Mit der Bestellung einer atypisch stillen Beteiligung an einem Einzelunternehmen oder einer Kapitalgesellschaft entsteht ein eigenständiges Gewinnermittlungssubjekt. Sowohl für den Betrieb des Inhabers des Handelsgewerbes (Prinzipal) als auch für die atypisch stille Gesellschaft ist steuerlich ein Gewinn zu ermitteln.

Besteht die Beteiligung an dem ganzen Betrieb des Prinzipals, ist der gemeinschaftlich erzielte Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft identisch mit dem Gewinn des Prinzipals. Er wird dann aber noch um Sondervergütungen, Sonderbilanz- und Ergänzungsbilanzergebnisse ergänzt. Die der ESt oder KSt unterliegenden Einkünfte des Prinzipals ergeben sich nicht aus der für seinen Betrieb aufgestellten Gewinn­ermittlung, sondern aus seinem Anteil am Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft. Die Gewinnfeststellung für die atypisch stille Gesellschaft ist dem­entsprechend Grundlagenbescheid für den ESt- bzw. KSt-Bescheid des Prinzipals.

b) Da auch eine Personengesellschaft einen stillen Gesellschafter an ihrem Handelsgewerbe beteiligen kann, stellt sich ertragsteuerlich die Frage, ob der Stille einfach als weiterer Mitunterunternehmer einer dann erweiterten Mitunternehmerschaft anzusehen ist oder ob – ähnlich einer GmbH & Still – eine zweistöckige Struktur entsteht, bei der die stille Gesellschaft die Funktion einer Obergesellschaft hat. Mit dem Besprechungsurteil gibt der BFH der doppelstöckigen Struktur den Vorzug. Es gelten danach insoweit dieselben Grundsätze wie bei stillen Beteiligungen an Einzelgewerbebetrieben und Kapitalgesellschaften.

Gesellschaftsrechtlich ist es möglich, dass sich der Gesellschafter einer Personengesellschaft an dieser zugleich auch als stiller Gesellschafter beteiligen kann. Geht man ertragsteuerlich von einer doppelstöckigen Struktur aus, ist die betreffende Person jeweils Mitunternehmer der als Obergesellschaft fungierenden stillen Gesellschaft und der (Prinzipal-)Außengesellschaft.

3. a) Gewerbesteuerlich ist der Prinzipal nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwar Steuerschuldner. Steuersubjekt sind aber die Mitunternehmer, also der Prinzipal und der stille Gesellschafter mit ihrem jeweiligen Anteil. Steuerobjekt ist wiederum der Gewerbebetrieb, wobei fraglich ist, ob Prinzipal und stille Gesellschaft jeweils einen Gewerbebetrieb unterhalten oder ob es nur einen Gewerbebetrieb gi...

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