vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigungsobjekt im Sinne des § 44 Abs. 1 UStDV ist das Schwein, nicht die Partie Schweine

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Vereinfachungsregelung nach § 44 Abs. 1 UStDV stellt nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut auf „das WG” als Berichtigungsobjekt ab.
  2. Darunter sind Sachen, Rechte, tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für das Unternehmen zu verstehen, deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt, die einer selbstständigen Bewertung zugänglich sind und i.d.R. eine Nutzung für mehrere Wj erbringen.
  3. Nach dieser Definition stellt eine „Partie Schweine” kein einheitliches WG dar, weil die von der Partie umfassten Schweine für gewöhnlich nicht über ihre gesamte Nutzungsdauer beieinander bleiben. WG in diesem Sinne ist vielmehr das einzelne Schwein.
 

Normenkette

UStG § 15a; UStDV § 44 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.11.2011; Aktenzeichen V R 32/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 1 UStDV zur Anwendung kommt.

Der Kläger ist Landwirt, der in den Besteuerungszeiträumen vor dem Streitjahr 2008 zur Regelbesteuerung optiert hatte. Mit Wirkung ab 2008 widerrief der Kläger die Option und kehrte zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG zurück. Als Konsequenz daraus waren – dies ist für das Anlagevermögen des Klägers sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unstreitig – die Vorsteuern gem. § 15a UStG zu berichtigen.

Am 31. August 2007 erwarb der Kläger von der Viehhandlung T 893 Ferkel zum Preis von brutto 38.783,– € und nahm die in der entsprechenden Einkaufsrechnung ausgewiesenen Vorsteuern (7,90 € pro Ferkel) in Anspruch. 474 Stück dieses Bestandes an Schweinen hat der Kläger bereits im Jahre 2007 veräußert. Von dem verbleibenden Rest veräußerte der Kläger am 8. Januar 2008 209 sowie am 23. Januar 2008 141 Stück an einen Viehhändler.

Da der Beklagte die Auffassung vertrat, dass für die Frage der Vorsteuerberichtigung und der Anwendung der Vereinfachungsregelung in § 44 Abs. 1 UStDV nicht auf die Anschaffungskosten des einzelnen Schweins, sondern auf die jeweilige Partie Schwein abzustellen sei, reichte der Kläger eine Umsatzsteuervoranmeldung für das I. Quartal 2008 sowie später eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2008 ein, in der er selbst für die im Januar 2008 veräußerten Schweine einen Berichtigungsbetrag gem. § 15a UStG in Ansatz brachte.

Anschließend beantragte der Kläger mit Schreiben vom 11. März 2009 die Änderung des Vorauszahlungsbescheides für das I. Quartal dahingehend, dass die Vorsteuerberichtigung für die im Januar 2008 verkauften Schweine unterbleibt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2009 ab. Auch in dem am 12. April 2010 ergangenen Umsatzsteuerjahresbescheid für 2008 berücksichtigte der Beklagte den Berichtigungsbetrag für die 2007 erworbenen Ferkel. Im Einspruchsverfahren wurde zwischen den Verfahrensbeteiligten geklärt, dass sich – die Rechtsauffassung des Beklagten als richtig unterstellt – der Berichtigungsbetrag auf 2.765,– € (350 Schweine x 7,90 € Vorsteuern je Schwein) belaufen würde. In der Sache hatte der Einspruch keinen Erfolg.

Im Klageverfahren vertritt der Kläger die Auffassung, dass für die Frage der Vorsteuerberichtigung nicht auf die Partie Schweine, sondern auf das einzelne Schwein abzustellen sei. Es handele sich bei den Schweinen nicht um vertretbare Sachen, weil Schweine einen hohen Individualisierungsgrad aufweisen würden. Zudem würden die Schweine beim Abverkauf individuell aus dem Bestand ausgesucht. Sie würden für eine Schlachtung einzeln markiert und nicht wie Geflügel automatisch in einer Partie abgeliefert.

Der Kläger verweist auf ein Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 23. Juli 2008 (S 7316.2.1-3/1 St 34), wonach es für die Anwendung des § 44 Abs. 1 UStDV auf den jeweiligen Gegenstand ankomme. Bei dem Verkauf von Tieren sei auf das einzelne Tier abzustellen, auch wenn diese in einer Partie erworben und verkauft worden seien.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer auf 5.194,48 € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf Abschnitt 218 Abs. 1 Umsatzsteuerrichtlinien. Danach sei bei der Prüfung, ob die in § 44 UStDV aufgeführten Betragsgrenzen erreicht seien, jeweils auf den Gegenstand oder die bezogene sonstige Leistung abzustellen. Dies gelte auch dann, wenn mehrere Gegenstände gleicher Art und Güte geliefert worden seien. Bei der Lieferung vertretbarer Sachen sei hingegen auf die zwischen leistendem Unternehmer und Leistungsempfänger geschlossene vertragliche Vereinbarung abzustellen.

Im Falle der Veräußerung von Masttieren sei nicht das einzelne Tier, sondern die Partie Berichtigungsobjekt. Denn bei Masttieren handele es sich um vertretbare Sachen. Kennzeichen vertretbarer Sachen sei, dass sie im Geschäftsverkehr nach Zahl, Maß und Gewicht bestimmt würden und nach ...

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