vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbare Beiträge zur Basiskrankenversicherung – Minderung durch Beitragsrückerstattungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ausgaben sind grds. nur insoweit als SA abzuziehen, als der Stpfl. durch sie tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.
  2. Geleistete und erstattete Versicherungsbeiträge sind bei Identität des abgesicherten Risikos nicht stets miteinander zu verrechnen.
  3. Ein Verzicht auf die zeitlich zutreffende Zuordnung von Beitragsrückerstattungen zu dem VZ, in dem die erstatteten Beiträge als SA abgezogen wurden, ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die Verrechnung im Erstattungsjahr einen zeitraumübergreifenden Ausgleich ermöglicht.
  4. Eine Verrechnung ist auch dann ausgeschlossen, wenn die im Zahlungsjahr als SA abgezogenen Aufwendungen im Erstattungsjahr überhaupt nicht mehr als SA abgezogen werden konnten. Entsprechendes gilt, wenn die Aufwendungen im Zahlungsjahr beschränkt, im Erstattungsjahr aber unbeschränkt abziehbar sind.
 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3

 

Streitjahr(e)

2010

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.07.2016; Aktenzeichen X R 6/14)

 

Tatbestand

Streitig ist die Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge zu Krankenversicherungen um für das Vorjahr erhaltene Beitragserstattungen.

Der Kläger lebt von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Er hat zwei in den Jahren 1982 bzw. 1988 geborene Kinder, die sich im Streitjahr 2010 in Berufsausbildung befanden.

Mit der Einkommensteuererklärung machte er auf die Basisabsicherung entfallende Beiträge zu einer private Kranken- und Pflegeversicherung in folgender Höhe geltend:

Kläger 1.

Kind 2.

Kind

Krankenversicherung

4.228 EUR

911 EUR

655 EUR

Pflegeversicherung

 684 EUR

143 EUR

Beitragserstattungen

 319 EUR

 5 EUR

 66 EUR

In den für den Kläger geltend gemachten Beträgen waren auch die auf die Versicherung seiner Ehefrau entfallenden Beiträge enthalten.

Durch Einkommensteuerbescheid vom 17. Juni 2011 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) diese Aufwendungen nur in Höhe der von der Krankenversicherung für den Kläger und das erste Kind übermittelten Beträge von

Kläger 1.

Kind

Krankenversicherung

2.656 EUR

911 EUR

Pflegeversicherung

 360 EUR

 143 EUR

Beitragserstattungen

 163 EUR

 5 EUR

als Sonderausgaben.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. Juni 2011 Einspruch ein. Unter Vorlage einer von seiner Ehefrau unterschriebenen Anlage U begehrte er die Berücksichtigung der an diese geleisteten Unterhaltszahlungen in Höhe von 13.805 EUR sowie der für sie gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.572 EUR bzw. 324 EUR. Außerdem wandte er sich gegen die Kürzung der für sich und seine Kinder geleisteten Beiträge um die im Streitjahr erhaltenen Beitragserstattungen.

Durch Änderungsbescheid vom 10. November 2011 berücksichtigte das FA die an die Ehefrau gezahlten Unterhaltsleistungen in Höhe von 13.805 EUR als Sonderausgaben. Durch Einspruchsbescheid vom 22. April 2013 setzte es die Einkommensteuer unter Abzug der für das zweite Kind gezahlten Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 656 EUR abzüglich der Beitragserstattung von 66 EUR nochmals herab. Den weitergehenden Einspruch wies es als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es in den Streitpunkten aus: Die für die Basisabsicherung des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten gezahlten Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung könne der Kläger nicht als Versicherungsbeiträge im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sondern nur als Unterhaltsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben abziehen. Seine Ehefrau habe einer Versteuerung der von ihr bezogenen Unterhaltsleistungen aber nur bis zu einem Betrag von insgesamt 13.805 EUR zugestimmt. Die im Streitjahr erhaltenen Beitragserstattungen seien von den im Streitjahr gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen abzuziehen, weil es insoweit an der für den Sonderausgabenabzug erforderlichen wirtschaftlichen Belastung fehle.

Hiergegen richtet sich die am 27. Mai 2013 erhobene Klage. Unter Bezugnahme auf die der Klageschrift beigefügte Anlage U, mit der seine Ehefrau der Versteuerung von Unterhaltsleistungen in Höhe von 15.701 EUR zustimmt, begehrt der Kläger, auch die für seine Ehefrau gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.896 EUR als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzuziehen. Außerdem wendet er sich gegen die Verminderung der für sich und seine Kinder geleisteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge um die für das Vorjahr erhaltenen Beitragserstattungen von 234 EUR. Die grundsätzlich gebotene Minderung geleisteter Beiträge um erhaltene Beitragserstattungen - so führt er aus - führe bezogen auf das Streitjahr zu einem systemwidrigen Ergebnis, weil sich die erstatteten Beiträge in den Jahren vor 2010 - auch soweit sie auf die Basisabsicherung entfallen seien - nicht in voller Höhe als Sonderausgaben...

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