Entscheidungsstichwort (Thema)

Häusliches Arbeitszimmer als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Stpfl., sind die dafür getätigten Aufwendungen in voller Höhe abziehbar.
  2. Im Gesetz ist nicht definiert, was unter Mittelpunkt der Betätigung zu verstehen ist. Weder macht die bloß zeitlich überwiegende betriebliche und berufliche Betätigung im Arbeitszimmer dieses zum Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung, noch kann es auf einer rein zeitlich-quantitative Abgrenzung ankommen.
  3. Es gibt keine stichhaltige Begründung dafür, dass der zeitliche Umfang der Betätigung oder gar der Kerntätigkeit im Arbeitszimmer mehr als 50 v. H. oder mehr betragen oder der Kernbereich der Betätigung ausschließlich im Arbeitszimmer ausgeübt werden muss.
  4. Vorrangig kommt es darauf an, ob der Schwerpunkt oder Kernbereich der Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt. Wird die Berufstätigkeit von der Tätigkeit im Arbeitszimmer geprägt, tritt das zeitliche Moment so weit in den Hintergrund, dass auch mehr als 50 v. H. der Gesamttätigkeit im Außendienst stattfinden kann.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen VI R 28/02)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der steuerlich abzugsfähigen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sowie der Abzug von Aufwendungen für die Anschaffung und Reinigung von Arbeitskleidung mit pauschal 200 DM.

Der Kläger ist Diplomingenieur und erzielt aus einem Anstellungsverhältnis mit der Firma ....... GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihm steht für seine berufliche Tätigkeit bei der Arbeitgeberin kein Arbeitsplatz zur Verfügung. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 beantragten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers mit einem Betrag von 6.572 DM (einschließlich Abschreibung auf die Ausstattung des Arbeitszimmers) sowie pauschal 200 DM für die Anschaffung und Reinigung von Arbeitskleidung als Werbungskosten neben anderen Werbungskosten abzuziehen. Der Beklagte (das beklagte Finanzamt -FA-) ließ die pauschal geltend gemachten Aufwendungen für die Reinigung und Anschaffung von Arbeitskleidung nicht und von den Aufwendungen für das Arbeitszimmer lediglich 2.400 DM zum Abzug zu. Die den Betrag von 2.400 DM übersteigenden Aufwendungen könnten nicht berücksichtigt werden, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers darstelle.

Der Einspruch der Kläger hiergegen hatte insoweit teilweise Erfolg, als das FA noch die Abschreibung auf als Arbeitsmittel zu beurteilende Einrichtungsgegenstände (ausgenommen daher die Abschreibung auf einen Teppich) abzog.

Die hiergegen erhobene Klage richtet sich gegen die Beschränkung des Abzugs auf 2.400 DM und den versagten Abzug der pauschal geltend gemachten Aufwendungen für die Anschaffung und Reinigung von Kleidung.

Die berufliche Tätigkeit des Klägers stellt sich wie folgt dar:

Die Arbeitgeberin des Klägers stellt Industriepumpen für Chemieunternehmen her, deren Wartung sie übernimmt. Die Wartungstätigkeit ist dem Kläger übertragen. Aus diesem Grunde bewahrt der Kläger sämtliche Konstruktionszeichnungen der in seinem Kundengebiet ausgelieferten Pumpen sowie weitere Geschäftsunterlagen hierzu in seinem Arbeitszimmer auf. In diesen Unterlagen sind auch sämtliche Ersatzteile, die in den ausgelieferten Pumpen verwendet wurden, verzeichnet. Außerdem befinden sich in den Geschäftsunterlagen des Klägers auch Durchschriften der Auftragsbestätigungen und Rechnungen. Tritt an einer Pumpe ein Defekt auf, ist es Aufgabe des Klägers, eine technische Lösung des Problems anhand der ihm vorliegenden technischen Unterlagen in seinem Arbeitszimmer zu erarbeiten. Unter Umständen werden dabei neue Konstruktionspläne, Zeichnungen, Skizzen und weitere Alternativlösungen angefertigt. Diese theoretische Lösung wird telefonisch oder schriftlich an die Kunden weitergegeben, wobei nicht in jedem Falle zugleich erforderlich ist, dass der Kläger die Kunden aufsucht. Außerdem führt der Kläger von seinem Arbeitszimmer sonstige telefonische Beratungsgespräche durch. Ist zur Problemlösung der Einbau einer neuen Pumpe ratsam, erarbeitet der Kläger hierfür das Angebot. Neben üblichen Büroarbeiten (Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Kundenrundschreiben) fertigt der Kläger für seine Arbeitgeberin Tätigkeitsberichte und Statistiken und pflegt er Produkt- und Kundendateien. Zwar ist der Kläger auch in der Akquisition von Neukunden tätig, doch beschränkt sich sein Hauptaufgabengebiet vorrangig auf die Betreuung der bereits gewonnenen Kunden. Provisionen erhält der Kläger nicht nur auf Neulieferungen von Pumpen und Anlagen, sondern auch auf die Lieferung von Ersatzteilen. Zur zeitlichen Abgrenzung legte der Kläge...

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