vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hafengebiet als weiträumiges Tätigkeitsgebiet i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Für einen Hafenarbeiter, der im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung seines Arbeitgebers bei verschiedenen Hafeneinzelbetrieben auf dem Gebiet des Hamburger Hafens eingesetzt wird, stellt das Hamburger Hafengebiet dasselbe typischerweise arbeitstäglich aufzusuchende weiträumige Tätigkeitsgebiet dar, sodass Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzugang nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur mit der Entfernungspauschale berücksichtigt werden können.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.02.2023; Aktenzeichen VI R 4/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten.

Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist als Hafenarbeiter bei der A. KG angestellt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In dem am 3. September 2001 geschlossenen Arbeitsvertrag wird u.a. auf den Rahmenvertrag für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe und die Sonderbestimmungen für den Hamburger Hafen nebst sämtlichen Nebenbestimmungen verwiesen. Nach Ziffer 4 des Vertrages erfolgt der ”Arbeitseinsatz in bestimmten Funktionen beim Arbeitgeber“ ”im Rahmen des Direktionsrechtes“. Der Kläger erklärte ”seine unwiderrufliche Zustimmung auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung der A. KG tätig zu werden“. In Ziffer 10 heißt es, der Arbeitnehmer verpflichte sich, sich ”nach Bedarf gegebenenfalls zu entsprechenden Arbeiten in einer anderen Abteilung, Betriebsstätte oder in einem Beteiligungsunternehmen des Arbeitgebers einsetzen zu lassen“. Außerdem gab der Kläger ”sein unwiderrufliches Einverständnis gem. Absatz 4 Ziff. 2 der Richtlinien zu § 7 der Satzung für den Gesamthafenbetrieb Hamburg, sich auf Weisung des Arbeitgebers in anderen Hafeneinzelbetrieben einsetzen zu lassen“.

Ausweislich einer Bestätigung seines Arbeitgebers fährt der Kläger die jeweiligen Liegeplätze mit seinem privaten PKW an. Eine Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte sei nicht erfolgt. Vielmehr müsse der Kläger müsse ”täglich bei der Einteilung anrufen, um zu erfahren, an welchen Einsatzorten er eingesetzt wird“.

Im Streitjahr wurde der Kläger von seinem Arbeitgeber an 164 Arbeitstagen an vier verschiedenen Orten innerhalb des Gebietes des Hamburger Hafens eingesetzt. Auch der Arbeitgeber des Klägers verfügt im Hamburger Hafen über eine Niederlassung, in der der Kläger im Streitjahr aber nicht eingesetzt war.

Die arbeitstäglichen Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hamburger Hafen und zu seinen jeweiligen Einsatzstellen innerhalb des Hamburger Hafens legte der Kläger mit seinem eigenen Pkw zurück.

In seiner Steuererklärung gab der Kläger Fahrten von seiner Wohnung zu dem Hafenzugang X als Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte an und begehrte den Ansatz der Entfernungspauschale i.H. von insg. (164 Tage x 51 km x 0,30 €/km =) 2.509,20 €. Für die Fahrten innerhalb des Hafengeländes machte er die tatsächlichen Fahrtkosten i.H. von insg. (6.708 km x 0,3 €/km =) 2.013 € geltend.

Das beklagte Finanzamt veranlagte die Kläger erklärungsgemäß mit Bescheid vom 16. August 2016.

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten mit diesem die Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Hafenzufahrt i.H. von (164 Tage x 51 km x 2 x 0,3 €/km =) 5.018,40 € anstelle der Entfernungspauschale. Zur Begründung bezogen sie sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Februar 1997 (VI R 61/96), wonach das Hamburger Hafengebiet keine einheitliche großräumige Arbeitsstätte sei. Damit stelle es auch kein weiträumiges Tätigkeitsgebiet dar. Das neue Reisekostenrecht hebe das Urteil nicht auf, so dass die Fahrtkosten vollständig zu berücksichtigen seien.

Mit Einspruchsbescheid vom 2. Dezember 2016 wies das beklagte Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Durch die ab dem 1. Januar 2014 geltende Reform des steuerlichen Reisekostenrechts habe sich die Berücksichtigung von Fahrtkosten bei Auswärtstätigkeiten in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet geändert. Es werde nicht mehr auf die regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers abgestellt, sondern auf die erste Tätigkeitsstätte. Bei weiträumigen Tätigkeitsgebieten, die typischerweise arbeitstäglich aufgesucht würden, wie im Streitfall der Hamburger Hafen, komme nur die Entfernungspauschale zum Tragen. Lediglich die Fahrtkosten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebietes seien nach Reisekostengrundsätzen zu ermitteln. Das von den Klägern angeführte BFH-Urteil gehe von einer nicht mehr gültigen Gesetzeslage aus und könne für das Streitjahr nicht mehr zugrunde gelegt werden.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage und verweisen im Wesentlichen auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren.

Auf Antrag der Beteiligten hat das Klageverfahren im Hinblick a...

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