rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einspruch gegen Steuerbescheid beinhaltet nicht zugleich einen Einspruch gegen die Zinsfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Steuerbescheide sind sog. Sammelbescheide, d.h. die Festsetzungen der Steuer und der Zinsen stehen selbständig nebeneinander und müssen unabhängig voneinander ggfs. gesondert angefochten werden.

 

Normenkette

AO §§ 233, 233a; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren, das unter dem Aktenzeichen 11 K 107/19 im erkennenden Senat anhängig ist, darüber, ob zulässige Einsprüche gegen die Zinsfestsetzungen zur Umsatzsteuer für die Jahre 2010 bis 2015 vorliegen.

Die Antragstellerin betreibt ein Hotel mit Gastwirtschaft in X. Nach einer Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2015 hat der Antragsgegner (das Finanzamt – FA -) am 12.9.2018 geänderte Umsatzsteuerbescheide erlassen. Da es aufgrund der Außenprüfung zu Nachforderungen der Umsatzsteuer gekommen war wurden neben den Steuernachzahlungen auch Nachzahlungszinsen festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2018 legte die Antragstellerin durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten “gegen die Umsatzsteuerbescheide (Steuernummer xxx) … der Jahre 2010 bis einschließlich 2015, jeweils vom 12.9.2018, … Einspruch ein“.

Mit Schriftsatz vom 22.11.2018 ergänzten die Prozessbevollmächtigten das Einspruchsschreiben dahingehend, dass auch Aussetzung der Vollziehung beantragt werde. Außerdem heißt es in dem Schreiben vom 22.11.2018:

“(…) Die Aussetzung der Vollziehung beantragen wir nochmals ausdrücklich in Bezug auf die Zinsfestsetzungen für Zeiträume ab 1.4.2012, also Bescheide ab 2010 (…).“

Zur Begründung verwies die Antragstellerin auf die neuere Rechtsprechung des BFH, in der für den Zeitraum ab 1.4.2012 verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO von 6% geäußert werden (Hinweis auf BFH-Beschl. v. 3.9.2018 – VIII B 15/18; Verfahren vor dem BVerfG zum Az. 1 BvR 2237/14).

Das FA wies mit Einspruchsbescheid vom 7.3.2019 den Einspruch der Antragstellerin als unzulässig (verspätet) zurück. Gleichzeitig lehnte das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung ab. Im Einspruchsbescheid verwies das FA darauf, dass unter dem 12.9.2018 sog. Sammelbescheide ergangen seien, die nicht nur über die Festsetzung der Umsatzsteuer, sondern – gesondert – auch über die Zinsfestsetzung ergangen seien. Die Einsprüche der Antragstellerin hätten sich lediglich gegen die jeweilige Steuerfestsetzung gerichtet, nicht jedoch auch gegen die Zinsfestsetzung. Dies sei erst mit Schriftsatz vom 22.11.2018 – nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist geschehen.

Hiergegen richtet sich die Klage (11 K 107/19) und der gleichzeitig gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Nachzahlungszinsen betr. die Umsatzsteuerfestetzungen für 2010 bis 2015. Die Antragstellerin verweist zunächst darauf, dass von Anfang an auch gegen die Zinsfestsetzungen Einspruch eingelegt werden sollte. Dies sei auch Bestandteil des Einspruchsschreibens vom 12.10.2018 gewesen. Man habe seinerzeit ausdrücklich gegen die “Umsatzsteuerbescheide“ Einspruch eingelegt. Dieser Begriff erfasse mehrere Verwaltungsakte. Erkennbar habe man mit dem Schreiben vom 12.10.2018 gegen alle Bescheide vom 12.9.2018 Einspruch eingelegt. Nur das Wort “Umsatzsteuer“ im Einspruchsschreiben könne nicht dazu führen, dass dieses Wort exakt der Überschrift durch das FA entspreche, obwohl im Bescheid vom 12.9.2018 auch Zinsen festgesetzt würden. Die nachgereichte Erklärung (Schriftsatz vom 22.11.2018) stelle die erste inhaltliche Konkretisierung des Einspruchs vom 12.10.2018 dar und wende sich ausdrücklich auch gegen die Zinsfestsetzung.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vollziehung der Zinsbescheide in den Bescheiden über Umsatzsteuer 2010 bis 2015 vom 12.9.2018 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das FA verweist zur Begründung auf seinen Einspruchsbescheid vom 7.3.2019. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Einspruchsschreiben der Antragstellerin vom 12.10.2018 nicht um ein auslegungsbedürftiges Schriftstück handele.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.3.2014 - V B 14/14, BFH/NV 2014, 999 und vom 19. 3.2014 - III S 22/13, ...

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