Leitsatz

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied mit Urteil vom 16.12.2015, dass ein Arbeitnehmer keine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung unterhält, wenn er neben seiner Zweitwohnung auch seine Hauptwohnung am Beschäftigungsort unterhält. Entscheidungserheblich war für das Gericht, dass die Entfernung zwischen Hauptwohnung und Arbeitsstätte nur gering war und der Arbeitnehmer seine Arbeit von dort in zumutbarer Fahrzeit erreichen konnte.

 

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer bewohnte gemeinsam mit seiner Ehefrau eine Hauptwohnung, die 21 km entfernt von seiner Arbeitsstätte lag (noch innerhalb derselben Gemeinde). Um das tägliche Pendeln zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu vermeiden (Fahrzeit ca. zwei Stunden pro Tag), mietete der Arbeitnehmer eine Zweitwohnung an, die nur 100 Meter von seiner Arbeitsstätte entfernt lag. Die Aufwendungen für diese Wohnung rechnete er in den Jahren 2010 bis 2012 anteilig als Kosten einer doppelten Haushaltsführung ab.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht urteilte, dass die doppelte Haushaltsführung steuerlich nicht anzuerkennen war. Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG a. F. liegt eine doppelte Haushaltsführung nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand (Hauptwohnung) unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Nach Ansicht des Gerichts befand sich die Hauptwohnung im vorliegenden Fall jedoch nicht außerhalb des Beschäftigungsorts im Gesetzessinne, weil die Arbeitsstätte von dieser Wohnung nur 21 km entfernt war und der Arbeitnehmer diese Strecken in 37 Minuten (mit dem PKW) bzw. 46-65 Minuten (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zurücklegen konnte. Nach Gerichtsmeinung wohnt ein Arbeitnehmer noch am Beschäftigungsort im Gesetzessinne, wenn er seine Arbeitsstätte von seiner Wohnung aus in zumutbarer Weise täglich erreichen kann; zumutbar sind Fahrzeiten von etwa einer Stunde pro Weg.

 

Hinweis

Das Finanzgericht lässt für die Frage, wann sich eine Hauptwohnung noch am Beschäftigungsort befindet, keinen Rückgriff auf die Vereinfachungsregel des "halben Radius" zu, die das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 24.10.2014 (BStBl. I 2014, S. 1412, Rz. 101) getroffen hat. Nach dieser Regel liegt eine Zweitwohnung noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte (wie für einen Kostenabzug ebenfalls gesetzlich erforderlich), wenn der Weg zwischen Zweitwohnung und Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der Entfernung zwischen Hauptwohnung und Tätigkeitsstätte beträgt. Das Finanzgericht weist darauf hin, dass nach dieser Regelung nur die berufliche Veranlassung der Zweitwohnung geprüft wird. Selbst wenn eine Zweitwohnung nach dieser Regel aber beruflich veranlasst ist, scheidet die steuerliche Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung nach Gerichtsmeinung aber aus, wenn der Beschäftigungsort und der Ort der Hauptwohnung nicht auseinander fallen. Zur höchstrichterlichen Klärung hat das Gericht die Revision zum BFH zugelassen; das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen VI R 2/16 anhängig.

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2015, 7 K 7366/13

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