BMF, 11.5.2011, IV A 3 - S 0338/07/10010

Bezug: BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (BStBl 2009 I S. 510) und vom 29.10.2010 (BStBl 2010 I S. 1202);
  TOP 8 der Sitzung AO I/2011 vom 28.2. bis 2.3.2011

Das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5.4.2011 (BStBl 2011 I S. …) hat innerhalb der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 8.12.2009, 2 BvR 758/07 eingeräumten Übergangsfrist die Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit derjenigen Normen beseitigt, die durch die sog. Koch-Steinbrück-Liste in das Gesetzgebungsverfahren zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 eingeführt und seit der Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 nicht geändert worden sind.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:

Nummer 9 (Verfassungsmäßiges Zustandekommen des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29.12.2003, BGBl 2003 I S. 3076, 2004 I S. 69) der Anlage zum BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (BStBl 2009 I S. 510), die zuletzt durch BMF-Schreiben vom 29.10.2010 (BStBl 2010 I S. 1202) neu gefasst worden ist, wird mit sofortiger Wirkung gestrichen. Wegen der Frage, ob das Haushaltsbegleitgesetz 2004 in verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen ist, kommt ein Ruhenlassen außergerichtlicher Rechtsbehelfsverfahren nicht mehr in Betracht.

Die Anlage zum BMF-Schreiben vom 1.4.2009 (a.a.O.) wird mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:

„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm vorläufig vorzunehmen:

1.a) Beschränkte Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten (§ 4f, § 9 Abs. 5 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nrn. 5 und 8 EStG)
 
  • für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 –
1.b) Beschränkte Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten (§ 9c, § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG)
 
  • für Veranlagungszeiträume ab 2009 –
   
2. Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben (Aufhebung des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.2005, BGBl 2005 I S. 3682)
   
3. Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009
   
4. Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005
   
5. Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005
   
6. Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG
   
7. Höhe des Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG)
   
8. Höhe des Freibetrags zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes (§ 33a Abs. 2 EStG) für Veranlagungszeiträume ab 2002.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 1 ist auch Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG beizufügen. Im Vorläufigkeitsvermerk ist nur § 4f EStG (Feststellungszeiträume 2006 bis 2008) bzw. § 9c Abs. 1 und 3 Satz 1 EStG (Feststellungszeiträume ab 2009) zu zitieren.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 2 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2006 beizufügen. Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften ist der Vorläufigkeitsvermerk nicht beizufügen, weil über die Frage, ob Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abziehbar sind, ausschließlich im Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer zu entscheiden ist.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 4 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen. In die Bescheide ist zusätzlich folgender Erläuterungstext aufzunehmen: „Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten umfasst auch die Frage einer eventuellen einfachgesetzlich begründeten steuerlichen Berücksichtigung.”

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 5 erfasst sämtliche Leibrentenarten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 6 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 7 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 beizufügen.

Ferner sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Festsetz...

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