OFD Niedersachsen, 7.4.2016, S 0535 - 28 - St 163

 

1. Allgemeines

Die Forderungen des Vermieters gegen den Mieter sowie des Verpächters gegen den Pächter auf Entrichtung des Mietzinses (§ 535 Abs. 2 BGB) bzw. des Pachtzinses (§ 581 Abs. 1 BGB) sind Geldforderungen und unterliegen der Pfändung nach § 309 AO. Das dem Vermieter/Verpächter gesetzlich zustehende Vermieter/Verpächterpfandrecht (§§ 559, 581 Abs. 2 BGB) wird als Nebenrecht von der Pfändung mit erfasst.

Nicht von der Pfändung der Ansprüche aus Vermietung und Verpachtung erfasst werden die über den Miet- oder Pachtzins hinaus gesondert ausgewiesenen Bewirtschaftungskosten wie etwa für Heizkosten, Grundsteuer, Wasser, Hausversicherung etc.

Da § 313 AO für Miet- und Pachtzinsforderungen nicht anwendbar ist, sind die künftigen Forderungen ausdrücklich mit zu pfänden.

Forderungen aus Unter- und Zwischenmietverhältnissen sind gleichfalls nach § 309 AO pfändbar.

 

2. Vermietung bzw. Verpachtung eines Grundstücks

Miet- und Pachtzinsen haften auch für die am Mietgrundstück eingetragenen Grundpfandrechte (§§ 11231125, 1192 Abs. 1 BGB). Da sie jedoch nicht Zubehör sind, sind sie trotz dieser Haftung pfändbar, solange nicht die Beschlagnahme des Grundstücks durch Anordnung der Zwangsverwaltung eingetreten ist (§§ 151 Abs. 1, 22 Abs. 1 ZVG). Die Zwangsversteigerungsbeschlagnahme steht der Pfändbarkeit nicht entgegen, weil sie Miete oder Pacht nicht erfasst (§ 21 Abs. 1 ZVG). Vom Zuschlag an gebühren jedoch dem Ersteher die Grundstücksnutzungen (§ 56 Satz 2 ZVG), damit verliert die Pfändung mit Wirksamwerden des Zuschlags ihre Wirkung (ausführlich in Stöber, Forderungspfändung RdNr. 227 ff.).

 

3. Pfändung wegen dinglicher Rechte des Finanzamts

Ist das Finanzamt Hypotheken-/Grundschuldgläubiger, kann die Mietzinspfändung neben den zuvor erwähnten persönlichen Rechten auch aus dinglichen Rechten erfolgen. Es tritt eine Beschlagnahme mit den sich aus den §§ 1123, 1124 BGB ergebenden Wirkungen ein.

Dies hat zur Folge, dass der dinglich pfändende Gläubiger Anspruch auf die Mietzahlung auch vor einem persönlichen Gläubiger mit besserem Pfändungsrang, § 804 Abs. 3 ZPO, hat (Vo-Kartei zu § 322 AO Karte 3 Tz. 5).

Beim Zusammentreffen von

  1. Beschlagnahme durch Zwangsverwaltung („stärkere” Beschlagnahme)
  2. Beschlagnahme durch Pfändung eines Grundpfandgläubigers aufgrund eines dinglichen Titels („schwächere” Beschlagnahme)
  3. Pfändung aufgrund eines persönlichen Zahlungstitels
  4. Pfändung aufgrund eines dinglichen Titels bei bereits abgetretenen Miet- und Pachtzinsforderungen

ergibt sich folgende Befriedigungsreihenfolge:

  1. Bei Anordnung der Zwangsverwaltung gebühren die Mietzinsen dem Zwangsverwalter im Rahmen der §§ 155 ff. ZVG.
  2. Pfändungen aufgrund dinglicher Titel sind stets vorrangig gegenüber Pfändungen aufgrund persönlicher Titel, unabhängig von der Wirksamkeit der einzelnen Pfändungen.
  3. Die Abtretung des Miet- bzw. Pachtzinsanspruchs für eine unbewegliche Sache wird im Falle der Beschlagnahme (Pfändung) durch einen Grundpfandrechtsgläubiger diesem gegenüber unwirksam. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Abtretungsempfänger ein bevorrechtigter Grundpfandrechtsgläubiger ist. Eine Beschlagnahmewirkung i.S. des § 1124 Abs. 2 BGB entfaltet auch die Pfändung aufgrund des dinglichen Anspruchs (BGH-Urteil vom 9.6.2005, IX ZR 160/04, ZinsO 2005 S. 764 – 766).

Haben mehrere dingliche Gläubiger die Mietzinsforderungen gepfändet, bestimmt sich ihr Rangverhältnis nicht nach der Reihenfolge der Wirksamkeit der Pfändungen, sondern nach dem unter ihnen bestehenden Rangverhältnis im Grundbuch, § 879 BGB. Der später pfändende besserrangige dingliche Gläubiger hat also Pfändungsrang vor der älteren Beschlagnahme des schlechterrangigen dinglichen Gläubigers.

Das Gleiche gilt für den Pachtzins, § 581 BGB.

 

4. Miteigentum des Vollstreckungsschuldners

Ist der Vollstreckungsschuldner Miteigentümer der Miet- oder Pachtsache, ist die Pfändung des anteiligen Miet- bzw. Pachtzinses beim Mieter unzulässig. Vielmehr ist eine Pfändung des Anspruchs auf Auskehrung des anteiligen Reinertrags gegen die anderen Miteigentümer erforderlich. Weiteres zur Pfändung und Verwertung des Miteigentumsanteils s. Kartei zu § 321 AO.

 

5. Mehrheit von Mietern

Hinweis auf § 309 AO, Karte 2, Tz. 6

 

6. Pfändungsschutz

Die Miete oder Pacht eines Grundstücks sind in erster Linie für dessen Erhaltung und die Befriedigung der auf ihm ruhenden Lasten bestimmt. Dieser Zweckbindung der Grundstücksnutzung trägt § 851b ZPO Rechnung. Die Vorschrift ermöglicht die Beschränkung der Zwangsvollstreckung in die Miete oder Pacht (gilt nicht für Untermiete) und die aus Miet- oder Pachtzahlungen herrührenden Barmittel oder Guthaben. Die Beschränkung erfolgt im Wege des Vollstreckungsschutzes auf Antrag des Schuldners. Sie führt zur Aufhebung der Pfändung in Höhe eines festen oder fortlaufenden Betrages (ausführlich in Stöber, Forderungspfändung RdNr. 247 ff.).

 

7. Mietkautionen

Bei Abschluss eines Mietvertrags haben die Mieter regelmäßig eine Kaution zu leisten. Spä...

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