Leitsatz

1. Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG ist auch anwendbar, wenn der Arbeitgeber die betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer pauschal gemäß § 37b EStG versteuert.

2. Sachbezüge aufgrund der Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm sind laufender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt.

3. Üblicher Endpreis i.S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Preis, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren oder Dienstleistungen tatsächlich gezahlt wird. Wird eine Ware oder Dienstleistung an Endverbraucher in der Regel nicht vertrieben, kann der Sachbezug grundsätzlich auch anhand der Kosten bemessen werden, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert des Sachbezugs nicht entspricht.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Sätze 1, 9 und 11, § 19 EStG, § 164 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ermöglichte ihren Arbeitnehmern im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb sie jeweils einjährige Trainingslizenzen. Sie ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44-EUR-Freigrenze für Sachbezüge fielen. Das FA vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, jahresbezogen zugeflossen, weshalb die 44-EUR-Freigrenze überschritten sei. Es forderte deshalb von der Klägerin LSt wegen der ihren Arbeitnehmern vergünstigt eingeräumten Trainingsberechtigungen gemäß § 37b EStG pauschaliert nach. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Der daraufhin erhobenen Klage gab das FG statt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.3.2018, 14 K 204/16, Haufe-Index 11659048, EFG 2018, 942).

 

Entscheidung

Die Revision des FA wies der BFH zurück.

 

Hinweis

1. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht in Streit, dass die Klägerin ihren Arbeitnehmern durch die vergünstigten Trainingsberechtigungen dem Grunde nach gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Sachbezüge i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zugewandt hat.

2. Die geldwerten Vorteile aus den vergünstigt zugewandten Trainingsberechtigungen bleiben jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG außer Ansatz.

a) Nach diesen Vorschriften bleiben Sachbezüge, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind, außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigen.

b) Die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG ist auch anwendbar, wenn der Arbeitgeber die betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer pauschal gemäß § 37b Abs. 2 EStG versteuert.

c) Im Rahmen der Prüfung, ob Sachzuwendungen die 44-EUR-Freigrenze überschreiten oder nicht, ist die Bewertung der fraglichen Zuwendungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmen. Eine Bewertung nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG kommt insoweit nicht in Betracht. Denn die Anwendung dieser Bemessungsgrundlage setzt voraus, dass die fragliche Sachzuwendung gemäß § 37b EStG pauschal versteuert wird. Dies ist bei Zuwendungen, die die 44-EUR-Freigrenze nicht überschreiten, aber gerade nicht der Fall.

3. Vorliegend bestand die Sachzuwendung in der Einräumung eines verbilligten Nutzungsrechts der Fitnessstudios. Dieser ist den Arbeitnehmern monatlich zugeflossen. Denn für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es nicht auf das Innehaben von Ansprüchen (gegen den Arbeitgeber), sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an. Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt, und damit der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt (z.B. BFH, Urteil vom 23.8.2017, VI R 4/16, BFH/NV 2018, 91).

4. Die Klägerin erfüllte das vertragliche Versprechen, ihren an dem Firmenfitness-Programm teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung der Anlagen verbilligt zu ermöglichen, unter den im Streitfall gegebenen Umständen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit. Diese stand den Arbeitnehmern während der (monatlichen) Lohnzahlungszeiträume ständig zur Verfügung. Der Zufluss kann dabei nicht mit dem Entstehen des Nutzungsrechts, sondern erst mit der laufenden Nutzungsmöglichkeit angenommen werden. Es handelt sich um die sukzessive Erfüllung der auf dem Arbeitsverhältnis beruhenden Vereinbarung zwischen der Klägerin und den am Firmenfitness-Programm teilnehmenden Ar...

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