1. Gegenstand und Anlass für die Begründung des Rechtsinstituts

 

Rn. 800

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Bis zu seiner Rspr-Änderung im Jahre 1994 (BFH v 05.10.1994, VI R 62/90, BStBl II 1995, 180; s Rn 673) erkannte der BFH bei nicht verheirateten ArbN nur in sehr eingeschränktem Umfang WK wegen doppelter Haushaltsführung an, weil er voraussetzte, dass im Hausstand am Mittelpunkt der Lebensinteressen des StPfl auch während dessen Abwesenheit hauswirtschaftliches Leben durch die Anwesenheit einer von ihm abhängigen Zurechnungsperson herrsche. Damit wurde eine erhebliche Zahl von Sachverhaltsgestaltungen, in denen der unmittelbare Anlass für die Begründung eines neuen Haushalts unzweifelhaft aus der beruflichen Sphäre des StPfl stammte, aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG ausgeschieden.

Diese rigide Rspr milderte der BFH dadurch ab, dass er einen WK-Abzug für Unterkunftskosten und Heimfahrten zuließ, wenn der ArbN bei einem vorübergehenden auswärtigen Aufenthalt den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen am bisherigen Wohnort beibehielt, nach Beendigung der auswärtigen Tätigkeit voraussichtlich wieder an diesen Ort zurückkehrte und ihm deshalb die Aufgabe seiner Wohnung nicht zumutbar war (BFH v 10.02.1983, VI R 51/79, BStBl II 1983, 515). Zur Anwendung kam diese Rspr insbesondere in Fällen der zeitlich befristeten Abordnung eines ArbN oder einer auswärtigen Berufsausbildung. In der Literatur wurden diese Fälle unter dem Stichwort "zeitlich beschränkte", "unechte", "analoge"oder"quasi"doppelte Haushaltsführung geführt. Hierzu s Geserich in K/S/M, § 9 EStG Rz G 211ff.

Die FinVerw hatte sich die Rechtsauffassung des BFH zunächst zu Eigen gemacht und die Voraussetzungen der unechten doppelten Haushaltsführung von 1990–2004 in den LStR niedergelegt.

2. Fortbestand des Rechtsinstituts der unechten doppelten Haushaltsführung nur bis VZ 2003

 

Rn. 801

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Seit der BFH die doppelte Haushaltsführung auch bei nichtverheirateten StPfl anerkannte, hatte das Rechtsinstitut der unechten doppelten Haushaltsführung nur noch eigenständige Bedeutung für ArbN, die am Ort des Mittelpunkts ihrer Lebensinteressen keinen eigenen Haushalt unterhielten.

In der Entscheidung BFH v 13.03.1996, VI R 103/95, BStBl II 1996, 375führte der BFH aus, es könne offenbleiben, ob die Grundsätze der zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung über das Jahr 1992 hinaus fortgeführt werden könnten. Mit Urteil BFH v 20.07.2006, VI R 20/04, BFH/NV 2006, 2068 stellte der BFH dann klar, dass Mehraufwendungen durch ArbN ohne eigenen Hausstand zumindest bis zum VZ 2003 nach wie vor nach den Grundsätzen der sog zeitlich beschränkten doppelten Haushaltsführung (zu den Voraussetzungen s BFH v 10.10.1991, VI R 44/90, BStBl II 1992, 237) als WK nach § 9 Abs 1 S 1 EStG berücksichtigt werden könnten.

 

Rn. 802

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Mit der Neufassung von § 9 Abs 1 Nr 5 S 2 EStG durch das StÄndG 2003 v 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) bestimmte der Gesetzgeber, dass eine doppelte Haushaltsführung "nur" (noch) vorliegt, wenn der ArbN außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist. Dadurch sollte klargestellt werden, dass über die gesetzlich geregelten Fälle des § 9 Abs 1 Nr 5 EStG hinaus keine weiteren rechtsähnlichen Sachverhalte mehr berücksichtigt werden können (BT-Drucks 15/1945, 8). Damit wurde das Rechtsinstitut der unechten doppelten Haushaltsführung für die VZ ab 2004 abgeschafft (s BMF v 30.06.2004, BStBl I 2004, 582).

 

Rn. 803–809

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

vorläufig frei

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge