Rn. 12

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Bei dem hohen wirtschaftspolitischen Gehalt der Rechtsnorm verwundern ständige Änderungen des Gesetzesinhalts im Zeitverlauf nicht. Dabei wurde allerdings der unter s Rn 1 dargestellte grundlegende Charakter der Vorschrift nie angetastet.

Eine einschneidende Änderung erfuhr der § 6b EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 mit Wirkung ab 01.01.1999. Dabei wurden der Umfang der begünstigten Veräußerungs- und Reinvestitionsobjekte verringert und in systematischer Hinsicht die bislang herrschende personenbezogene durch eine gesellschaftsbezogene Betrachtung abgelöst (s Rn 66ff).

Diese letztgenannte Systemänderung, die insbesondere im Bereich von Mitunternehmerschaften einschlägig ist, wurde durch das UntStFG v 20.12.2001 mit Wirkung ab 01.01.2002 wieder rückgängig gemacht. Seitdem gilt in diesem Rahmen wieder die personen- bzw gesellschafterbezogene Betrachtungsweise (s Rn 13). Außerdem wurde der Begünstigungsrahmen ab dem 01.01.2002 um eine Mittelstandskomponente bezüglich der Veräußerung von KapGes-Anteilen erweitert (s Rn 261ff).

Durch das StÄndG 2015 (s vor § 1 Rn 221 (Bitz)) wurde Abs 2a (s Rn 121ff) als Reaktion auf das Urteil des EuGH v 16.04.2015, C-591/13, DStR 2015, 870 ff eingefügt.

Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v 08.11.2018 (s vor § 1 Rn 230 (Bitz)) wurde Abs 2a um eine Verzinsungsregelung in den Sätzen 4 bis 6 ergänzt. Die Verzinsungsregelung findet Anwendung bei ganz oder teilweise ausbleibender Reinvestition und gilt erstmalig für Gewinne iSd § 6b Abs 2 EStG, die in nach dem 31.12.2017 beginnenden Wj entstanden sind (s Rn 126).

 

Rn. 13

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Nach Maßgabe der BFH-Rspr wurde mit der absolut hM der § 6b EStG traditionell als eine personenbezogene Steuerbegünstigung verstanden (grundlegend BFH, II R 127/77, BStBl II 1981, 84; BFH, VIII R 27/98, BFH/NV 2001, 262). Begründung: Die Begünstigung soll denjenigen StPfl treffen, der den Veräußerungsgewinn "an sich" zu versteuern hätte (BFH BStBl II 1986, 350). Bezogen auf das Steuerregime einer mitunternehmerischen PersGes bedeutet dies, dass § 6b EStG auf der Grundlage des Transparenzgedankens zu betrachten ist: Die Rechtssubjektivität der mitunternehmerischen PersGes tritt hinter die Steuerrechtssubjektivität der Mitunternehmer zurück (s § 15 Rn 60 (Bitz)). Folge dieser Rechtsauffassung ist, dass der im Rahmen einer Mitunternehmerschaft realisierte Veräußerungsgewinn im Anwendungsbereich des § 6b EStG anteilig auf den beteiligten Mitunternehmer nach Maßgabe seiner Beteiligungsquote zugerechnet und von ihm dann in einem anderen BV (gewerblich, freiberuflich, luf) "verwendet" werden kann. Und umgekehrt kann ein 6b-Veräußerungsgewinn eines Einzelunternehmens auf AK/HK im Rahmen einer Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, übertragen werden. Das gilt auch, wenn an der Mitunternehmerschaft eine KapGes beteiligt ist (Eisele/Knobloch, DStR 2005, 1349). Bsp für die buchmäßige Abbildung dieser gesellschafter- oder personenbezogenen Betrachtungsweise s Rn 92 und s § 15 Rn 64 zu (3) (Bitz).

Das StEntlG 1999/2000/2002 hatte für die Zeiträume nach dem 31.12.1998 und vor dem 01.01.2002 eine gravierende Änderung gebracht. Die personenbezogene Betrachtungsweise wurde in einem neu gefassten § 6b Abs 10 EStG durch eine gesellschafts- oder rechtsträgerbezogene ersetzt. Die Betrachtungsweise flankierte eine entsprechende Änderung in dem § 6 Abs 5 EStG idF StEntlG 1999/2000/2002, dessen verunglückter Inhalt in s § 6 Rn 1528–1530 (Müller/Dorn) skizziert wird.

Das UntStFG hat dieses dreijährige Intermezzo durch eine erneute Neufassung des § 6b Abs 10 EStG (s Rn 261ff) wieder beendet. Ab dem 01.01.2002 gilt wieder die personen- oder gesellschafterbezogene Betrachtungsweise (s Rn 66; Aufhebung des § 6b Abs 10 EStG idF StEntlG 1999/2000/2002 s Rn 68).

 

Rn. 14

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Im Zuge des Brexit-SteuerbegleitG (Brexit-StBG) v 25.03.2019 (BGBl I 2019, 357) wurde § 6b Abs 2a EStG um S 7 ergänzt (s Rn 127).

Als Reaktion auf die Corona-Krise wurden die Fristen des § 6b Abs 3 S 2, 3 u 5, Abs 8 S 1 Nr 1 u Abs 10 S 1 u 8 EStG um jeweils 1 Jahre verlängert, wenn die Rücklage wegen § 6b Abs 3 S 5, Abs 8 S 1 Nr 1 EStG iVm § 6b Abs 3 S 5 o Abs 10 S 8 EStG am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 01.01.2021 endenden Wj aufzulösen wäre (vgl § 52 Abs 14 S 4 EStG). Darüber hinaus wurde das BMF im Zuge des Zweiten Corona-SteuerhilfeG v 29.06.2020 (BGBl I 2020, 1512) ermächtigt, durch eine RechtsVO mit Zustimmung des Bundesrates die Reinvestitionsfrist nach § 6b EStG um ein weiteres Jahr zu verlängern (vgl § 52 Abs 14 S 5 EStG). Nach Satz 6 der Regelung gilt Entsprechendes für die in Satz 5 genannten Fristen für das nach dem 31.12.2020 und längstens vor dem 01.01.2022 endende Wj. Auch diese Fristen können durch RechtsVO mit Zustimmung des Bundesrats um ein Jahr verlängert werden, wenn die Rücklage wegen § 6b Abs 3 S 5, Abs 8 S...

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