Rn. 51

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Die Gewinnübertragung auf andere WG (Abzug von den AK/HK) nach § 6b Abs 1 EStG setzt voraus, dass der StPfl ein begünstigtes WG mit Gewinn veräußert (Veräußerungsgewinn) und ein anderes begünstigtes WG (Reinvestitions-WG bzw Ersatz-WG) anschafft oder herstellt. Als Zeitpunkt muss die Anschaffung oder Herstellung im Wj der Veräußerung erfolgen oder im vorangegangen Wj erfolgt sein.

Nimmt der StPfl im Veräußerungsjahr den Abzug nach Abs 1 nicht vor, kann er eine Rücklage nach § 6b Abs 3 EStG bilden, die ebenfalls eine sofortige Besteuerung des Veräußerungsgewinns verhindert.

Die Gewinn- oder Rücklagenübertragung ist nur zwischen den in Abs 1 genannten WG möglich. Die in § 6b Abs 1 S 1 und 2 EStG genannten begünstigten Veräußerungsobjekte und Reinvestitionsobjekte sind abschließend. Eine analoge Anwendung auf andere WG ist nicht möglich (BFH v 24.08.1989, IV R 38/88, BStBl II 1989, 1016).

Die Gewinnübertragung sowie die Rücklagenbildung sind als Wahlrecht gestaltet: (s Rn 36). Dies hat der BFH v 06.12.2017, VI R 68/15, BFHE 260, 264 erneut klargestellt. Dieses Wahlrecht kann der StPfl auch dergestalt ausüben, dass er den begünstigten Gewinn in einen sofort zu versteuernden, sofort zu übertragenden und in einen in die Rücklage einzustellenden Betrag aufteilt (Schiessl in Blümich, § 6b EStG Rz 220 (Juni 2017)).

Der StPfl muss dieses Wahlrecht nicht ausüben, auch besteht keine Pflicht des FA oder FG, wonach diese den StPfl auf diese Möglichkeit hinweisen müssen (BFH v 27.06.2007, IV B 113/06, BFH/NV 2007, 2257). Bei den in Abs 1 und Abs 3 gewährten Wahlrechten handelt es sich um sogenannte Bilanzierungswahlrechte, die durch einen Abzug des Veräußerungsgewinns von den AK eines Ersatz-WG oder Bildung einer Rücklage in der StB bzw bei der Veräußerung von Sonder-BV in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt werden (ua BFH v 19.12.2012, IV R 41/09, BStBl II 2013, 313 mwN).

Ermitteln StPfl ihren Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG, gilt dies aufgrund der entsprechenden Anwendung von § 6b EStG ebenfalls. In diesen Fällen wird das Wahlrecht ausgeübt durch Abzug von den AK/HK des Ersatz-WG oder Bildung einer Rücklage (zu buchen als BA). Folglich ist das Wahlrecht nur dann ausgeübt, wenn zunächst ein Gewinn nach § 6c iVm § 6b Abs 2 EStG erklärt wird und dieser sodann durch den Abzug einer BA neutralisiert wird, wobei die weiteren Voraussetzungen des § 6c Abs 2 EStG zu beachten sind.

Dabei setzt die Rücklagenbildung keine Investitionsabsicht voraus (BFH BStBl II 1999, 272). Das gilt auch bei Betriebsaufgabe oder Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (BFH BStBl II 2001, 282; R 6b.2 Abs 10 EStR 2012). Dies eröffnet Gestaltungsperspektiven, etwa zur Tarifglättung oder Rettung eines untergangbedrohten Verlust- oder Zinsvortrags nach § 4h EStG. Zu beachten sind allerdings der "Strafzuschlag" bei Nichtübertragung der Rücklage nach § 6b Abs 7 EStG (s Rn 114) und die Nichtgewährung der Tarifbegünstigung nach § 34 EStG (s Rn 30).

Die Erfüllung der weiteren Tatbestandsvoraussetzungen nach Abs 4 sind zu beachten (Zugehörigkeit zum AV einer inländischen Betriebsstätte, Vorbesitzzeit des veräußerten WG, Einschränkungen der einkünfteübergreifenden Übertragungen nach § 6b Abs 4 Nr 5 EStG, Nachverfolgung des Abzugs, Bildung und Übertragung der Rücklagen in der Buchhaltung (s Rn 191ff)).

 

Rn. 52

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Die Ersatzbeschaffung kann also im VZ vor der Veräußerung des begünstigten Objektes (§ 6b Abs 1 S 1 u Abs 5 EStG) oder im gleichen VZ erfolgen. Zu berücksichtigen ist, dass Anzahlungen und Teil-HK, die im Wj vor der Anschaffung oder Herstellung geleistet werden, im Rahmen des § 6b EStG erst im Wj der Anschaffung oder Herstellung des WG berücksichtigt werden können, weil § 6b EStG die Anschaffung bzw Herstellung des WG voraussetzt.

 

Rn. 53

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Bei Anschaffung oder Herstellung im Wj der Veräußerung ist die durch die Veräußerung aufgedeckte stille Reserve im VZ der Aufdeckung dem Ersatz-WG zuzuordnen, also bei den AK/HK (§ 6 Abs 1 S 1 EStG) des Ersatz-WG direkt oder indirekt (vgl nachfolgende Hinweise zur buchmäßigen Abwicklung) abzuziehen. Dieser Abzug zeigt sich in der Buchführung, dass die als außerordentlicher Ertrag ausgewiesenen aufgedeckten stillen Reserven, dh der Veräußerungsgewinn nach Abs 4, durch Buchung eines Aufwands neutralisiert wird. Der Abzug erfolgt von den AK/HK des Ersatz-WG.

 

Beispiel: Erfassung der Übertragung der stillen Reserven in der Buchführung

Der StPfl A veräußert ein Gebäude mit einem Veräußerungsgewinn von 100 000 EUR und schafft noch in diesem Wj ein neues Gebäude mit AK von 500 000 EUR an.

Durch die Veräußerung werden stille Reserven iHv 100 000 EUR aufgedeckt, die in der Buchführung als außerordentlicher Ertrag ausgewiesen werden. Die Anschaffung des Ersatz-WG erfolgt erfolgsneutral. Zugleich wird ein Abzug iHv 100 000 EUR vorgenommen; durch den gebuchten Aufwand wird die Aufdeckung der stillen Reserven neutralisiert.

Das Gebäude ist nunmehr mit AK von 400 000...

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