Rn. 6

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Für den Fall der Änderung der für die Kindergeldzahlung erheblichen Verhältnisse statuiert § 68 Abs 1 S 1 EStG Alt 1 eine besondere Anzeigepflicht. Dies war erforderlich, weil § 153 Abs 1 AO sich nach hM nur auf Fälle bezieht, in denen die ursprüngliche Unrichtigkeit einer Erklärung nachträglich erkannt wird, und § 153 Abs 2 AO sich nur auf Steuerbefreiungen, Steuerermäßigungen und Steuervergünstigungen bezieht, nicht hingegen auf das Kindergeld als Steuervergütung, die grundsätzlich der zutreffenden Besteuerung dient, BT-Drucks 13/1588, 161.

Ein ausdrücklicher Hinweis auf die wesentlichen Mitteilungsfälle ergibt sich aus Tz 10 des Merkblatts Kindergeld 2021. Nach § 68 Abs 1 S 1 EStG Alt 2 sind auch Änderungen in den Verhältnissen, über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich der zuständigen Familienkasse mitzuteilen. Verneint der Antragsteller in seinem an die Familienkasse gerichteten Antrag die Frage nach anderweitig erhaltenem Kindergeld, ist er verpflichtet, der Familienkasse die Aufnahme der Kindergeldzahlungen durch den Dienstherrn anzuzeigen, weil er darüber eine Erklärung abgegeben hatte (§ 68 Abs 1 S 1 EStG Alt 1), BFH v 06.04.2017, III R 33/15, BFH/NV 2017, 1387.

 

Rn. 7

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Anzeigepflicht trifft den Antragsteller und den Kindergeldempfänger gleichermaßen, V 7.1.4 Abs 1 S 1 DA-KG 2021. Hierbei muss es sich nicht um dieselbe Person handeln, zu denken ist etwa an die Fälle der Anspruchskonkurrenz und Berechtigtenbestimmung nach § 64 EStG sowie der Antragstellung wegen berechtigten Interesses nach § 67 S 2 EStG. Die Anzeigepflicht wirkt ggf noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Kindergeldbezugs hinaus, wenn danach Veränderungen eintreten, die den Anspruch rückwirkend beeinflussen, V 7.1.4 Abs 2 S 2 DA-KG 2021.

Die Mitteilungspflicht besteht für den Berechtigten nur dann, wenn er entweder Antragsteller oder Zahlungsempfänger ist, Selder in Brandis/Heuermann, § 68 EStG Rz 7 (Oktober 2021); Wendl in H/H/R, § 38 EStG Rz 6 (April 2020); aA V 7.1.4 Abs 2 S 3 DA-KG 2021; Avvento in Kirchhof/Seer, § 68 EStG Rz 2 (21. Aufl): Mitteilungspflicht des Kindergeldberechtigten besteht auch dann, wenn er weder Antragsteller noch Zahlungsempfänger ist.

Die Anzeigepflicht ergibt sich somit auch für den Abzweigungsempfänger gemäß § 74 Abs 1 EStG, BFH v 20.02.2019, III R 28/18, BFH/NV 2019, 825; Weber-Grellet in Schmidt, § 68 EStG Rz 1 (41. Aufl); FG Ha v 28.08.2003, I 153/00, DStRE 2004, 323 sowie für denjenigen zugunsten dessen eine Pfändung, Verpfändung oder Abtretung erfolgt ist. Der Kindergeldberechtigte ist auch dann Zahlungsempfänger, wenn die Familienkasse auf seine Weisung hin das Kindergeld direkt an das Kind zahlt, BFH v 28.12.2009, III B 108/08, BFH/NV 2010, 641.

Eine Mitteilungspflicht nach § 68 Abs 1 S 1 EStG des Erben des Kindergeldberechtigten betreffend den Todesfall des Letzteren besteht nicht, wenn der Erbe weder Kindergeld beantragt noch erhalten hat, FG Münster v 21.05.2019,15 K 1914/18 Kg, DStR 2019, 950 betreffend Billigkeitserlass, aA Mutschler in Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 68 EStG Rz 18: bestehende Mitteilungspflicht geht nach § 45 Abs 1 AO grundsätzlich mit dem Erbfall auf den Erben über.

 

Rn. 8

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Inhaltlich erstreckt sich die Anzeige auf die Änderung der für die Kindergeldzahlung erheblichen Verhältnisse, insbesondere also die Anspruchsvoraussetzungen (§§ 62, 63 EStG), zB, Einnahmen, Bezüge, WK und ausbildungsbedingten Aufwendungen, BFH v 08.03.2012, III B 163/11, BFH/NV 2012, 1118, sowie die Anspruchskonkurrenzen und das Kumulierungsverbot (§§ 64, 65 EStG). Vgl zum Haushaltswechsel des Kindes BFH v 18.12.1998, VI B 215/98, BStBl II 1999, 231; BFH v 11.03.2003, VIII R 77/01, BFH/NV 2004, 14; BFH v 12.08.2010, III B 94/09, BFH/NV 2010, 2062; zum ArbG-Wechsel vgl BFH v 11.12.2013, XI R 42/11, BStBl II 2014, 840; FG D'dorf v 18.06.2009, 15 K 37/09 Kg, EFG 2009, 1519; FG Köln v 17.09.2009, 10 K 4058/08, EFG 2010, 380. Hierbei kann es sich um eine objektiv eingetretene Sachverhaltsänderung, um eine subjektiv erlangte bessere Erkenntnis, nach der sich die bisher erklärten Tatsachen als unrichtig erwiesen haben, oder auch um eine Willensänderung wie zB den Widerruf einer Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs 2 S 2 EStG handeln, vgl FG Sachsen v 02.04.2003, 1 K 1491/99 (Kg), FG Report 2003, 7.

Es ergeben sich nach § 68 Abs 1 S 1 u 2 EStG besondere Mitwirkungspflichten unter anderem

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