Hoffmann, Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Konzernverbund, GmbHR 2005, 972.

Verwaltungsanweisungen:

BMF v 09.12.1999, BStBl I 1999, 1127 (Abzinsungszeiträume bei Rückstellungen für "bergrechtliche" Verpflichtungen);

BMF v 26.05.2005, BStBl I 2005, 699 (Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen in der steuerlichen Gewinnermittlung nach § 6 Abs 1 Nr 3 u 3a EStG idF StEntlG 1999/2000/2002).

 

Rn. 1021

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

§ 6 Abs 1 Nr 3a Buchst e S 1 EStG enthält ein Abzinsungsgebot für die Bewertung von Rückstellungen. Der Zinssatz beträgt nach dem Wortlaut der Regelung 5,5 %, gegen die Höhe bestehen verfassungsrechtliche Bedenken, die der BFH allerdings für das Jahr 2010 nicht teilt. Abzuwarten bleibt, ob und inwieweit der BFH den Zinssatz für spätere Jahre unangemessen findet (BFH v 22.05.2019, X R 19/17, BStBl II 2019, 795; s Rn 958).

Eine Ausnahme von dem Abzinsungsgebot gilt nach § 6 Abs 1 Nr 3a Buchst e S 1 Hs 2 EStG für Verpflichtungen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr, verzinsliche Verpflichtungen, An- und Vorauszahlungen sowie eine Sonderregelung über den maßgebenden Zeitraum nach § 6 Abs 1 Nr 3a Buchst e S 3 EStG für Verpflichtungen wegen der Stilllegung von Kraftwerken. Mit dem Gebot zur Abzinsung sind insb folgende Sachverhalte angesprochen:

Darüber hinaus hat die BFH-Rspr in Einzelfällen – bei Vorliegen eines verdeckten Kreditgeschäftes im Rahmen von Geldleistungsverpflichtungen – eine Abzinsung von Verbindlichkeitsrückstellungen verlangt (so im Fall einer Zusage von Gratifikationen an ArbN unter der Voraussetzung weiterer Betriebszugehörigkeit (BFH BStBl II 1983, 753), für endfällige Sparprämien (BFH BStBl II 1998, 728), umgekehrt allerdings eine Abzinsung abgelehnt für den Fall einer Mietrückstellung (BFH BStBl II 1998, 331, bestätigt durch BMF v 01.03.2002, BStBl I 2002, 336) sowie für die Rückzahlung der Abschlussgebühren bei einem Bausparvertrag (BFH BStBl II 1991, 185). Der BFH v 06.10.2009, I R 4/08, DB 2009, 2755 mit Anm Hoffmann und BFH v 27.01.2010, I R 35/09, BFH/NV 2010, 1005 hat die Abzinsungspflicht für Gesellschafterdarlehen, auch kapitalersetzenden, bestätigt, die eine unbestimmte Laufzeit hatten, faktisch aber die 12-Monats-Grenze des Gesetzes überstiegen (s Rn 964). Im letztgenannten Urt ist auch die Abzinsung langfristiger Rückstellungen bestätigt worden. Vgl hierzu Buciek, DB 2010, 1029.

 

Rn. 1022

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Das Abzinsungsgebot kann zwar als Verstoß gegen das Realisationsprinzip gewertet werden, doch ist zumindest der Zinsertrag aus einer sicheren Geldanlage gegenzurechnen. So gesehen richtet sich die Kritik hinsichtlich der Nichtbeachtung des Realisationsprinzips eher gegen die fiktive Festlegung eines Zinssatzes von 5,5 % pa, insb aber nicht nur in Zeiten wesentlich niedrigerer Kapitalmarktzinsen. Die IAS 37.45 sehen ebenfalls eine Abzinsung vor, allerdings unter besonderer Betonung des Materiality-Gedankens (Wesentlichkeit). Ebenfalls als Ausdruck der Wesentlichkeit kann der Gesetzesverweis auf § 6 Abs 1 Nr 3 S 2 EStG – Verzicht auf die Abzinsung bei einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten – gewertet werden.

Nicht mit den IFRS-Regeln (IAS 37.48f) und dem HGB (s Rn 1129) konform geht die BFH-Rspr zur Stichtagsbewertung (s Rn 661): Der BFH lehnt die Berücksichtigung künftiger Preisentwicklungen ab (s BFH BStBl II 1993, 89/92).

Handelsrechtlich ist für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr ebenfalls eine Abzinsung vorzunehmen, allerdings zu einem laufzeitgerechten Marktzins mit der durchschnittlichen Höhe in den letzten sieben Jahren. Insoweit kommt es in Folge der unterschiedlichen Abzinsungssätze zu Abweichungen zwischen der HB und StB.

 

Rn. 1023

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Das Abzinsungsgebot eröffnet dem bilanzierenden StPfl einen weiteren Ermessensspielraum, dh es tritt in die Bilanzbewertung ein Schätzungsparameter hinzu (vgl das Bewertungsschema in s Rn 991). Dieser bezieht sich auf die Laufzeit bis zur mutmaßlichen Erfüllung der Ver...

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