Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz 611 (Juli 2016)); Gabert in H/H/R, § 6 EStG, Rz 445ff (April 2018).

 

Rn. 419

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Im Hinblick auf das unter s Rn 418 dargestellte Schätzungserfordernis zur Ermittlung des Teilwertes mit meist erheblichen Ermessensintervallen hat sich die Rspr des BFH im Interesse der Justiziabilität mit Beweisregeln behelfen müssen. Ausgangspunkt ist dabei die sog Teilwertvermutung. Nach der Rspr des BFH gelten folgende Vermutungen:

 

Rn. 420

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Die grundsätzliche Vermutungsregel, wonach der Teilwert auch an den folgenden Zeitpunkten den (fortgeführten) AK oder HK entspricht, erfährt allerdings manche Ausdifferenzierung:

  • Am ehesten gilt sie für das nicht abnutzbare AV, und zwar schon deswegen, weil hier im Zeitverlauf keine planmäßigen Abschreibungen zu verrechnen sind. Eine Ausnahme macht allerdings der BFH BStBl II 1977, 515 für die verdeckten Einlagen in KapGes; hier soll "nicht ohne weiteres" die Teilwertvermutung gelten (s Rn 734, 695). Außerdem gilt auch hier das Zeitmoment: Je länger der konkrete Bilanzstichtag vom Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung entfernt liegt, desto geringer wird die Berechtigung für die Teilwertvermutung (BFH BStBl II 1978, 335; 1988, 892).
  • Bei abnutzbarem AV bezieht sich die Teilwertvermutung auf die um die Regelabschreibung nach § 7 EStG geminderten AK/HK (sog fortgeführte AK/HK). Dies entspricht st BFH-Rspr, s zB BFH BStBl II 1990, 206. Hier gilt die Teilwertvermutung mangels anderer Erkenntnismöglichkeiten insb für (idR vorliegende) nicht marktgängige WG. In anderen Fällen geht der BFH von den Wiederbeschaffungskosten als Teilwert aus (BFH BStBl II 1989, 962). Strittig ist dabei, ob die gewählte Abschreibungsform (degressiv oder linear) die geeignete Bemessungsgrundlage für die Teilwertvermutung darstellt. Richtigerweise muss man auf den tatsächlichen Wertverzehr abheben (Jonas, StBJB 1991/92, 113, 121), wie dies auch in einem anderen Zusammenhang vom BFH bestätigt worden ist (BFH v 28.02.2001 I R 51/00, BStBl II 2001, 645 für die Berechtigung degressiver Leasingraten entsprechend dem Wertverzehr des geleasten WG). Der BFH präferiert die Linearabschreibung, lässt aber dem StPfl die Möglichkeit offen, die degressive AfA der Teilwertermittlung zugrunde zu legen (s BFH BStBl II 1989, 183 zum BewG).
  • Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen sind bei der Teilwertvermutung zu eliminieren; das Gleiche gilt für Abzüge vom Buchwert nach § 6b EStG.
  • Beim UV wird die Teilwertvermutung am ehesten eingeschränkt. Stattdessen wird überwiegend auf Wiederbeschaffungskosten, sog "verlustfreie Bewertung", Wiederverkaufspreise etc abgestellt (s Rn 465ff). Der Teilwert sog "halbfertiger Arbeiten" = unfertige Erzeugnisse enthält auch den anteiligen Gewinn (s Rn 778). Für die Wertermittlung stehen nach BFH Rspr die progressive sowie retrograde Methode der Wertermittlung zur Verfügung (zB BFH X R 36/12 BFH/NV 2015, 821).

    • Die progressive Methode orientiert sich am Beschaffungsmarkt und stellt demnach für die Teilwertermittlung auf die Wiederbeschaffungskosten ab,
    • während sich die retrograde Methode am Absatzmarkt orientiert, so dass der Teilwert durch Rückrechnung vom voraussichtlichen Veräußerungserlös ermittelt wird. Sollte der ermittelte Wert nicht die Selbstkosten der Waren zuzüglich des im Betrieb durchschnittlichen Unternehmergewinns erreichen, hat eine entsprechende Korrektur der AK oder HK um den Fehlbetrag zu erfolgen.

    WG des UV sind nicht dazu bestimmt, dem Betrieb dauerhaft zu dienen. Vielmehr werden sie für Verkauf oder zeitnahe Verwendung gehalten, weswegen dem Zeitpunkt ihrer Veräußerung oder Verwendung für die Bestimmung der dauernden Wertminderung besondere Bedeutung zukommt. Sollte die festgestellte Wertminderung daher bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Verkaufs- oder Verbrauchszeitpunkt anhalten, gilt diese als voraussichtlich von Dauer. Zusätzliche Erkenntnisse bis zu diesem Zeitpunkt sind als werterhellende Erkenntniss...

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