Rn. 1830

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

§ 6 Abs 6 S 2 EStG findet Anwendung auf die verdeckte Einlage eines WG in eine KapGes. Eine Definition des in der Praxis ständig verwandten Begriffs der verdeckten Einlage enthält weder diese, noch eine andere Vorschrift des EStG. Gemeinhin versteht man darunter Einlagen von Sachwerten in KapGes u neuerdings auch PersGes (Mitunternehmerschaften), wobei die Gesellschaft hierfür keine Gesellschaftsrechte gewährt, also buchtechnisch gesprochen mit Gegenbuchung in die Kapitalrücklage (s Rn 706).

So liegt eine verdeckte Einlage nach Rspr des BFH vor, wenn ein Gesellschafter einer KapGes oder eine ihm nahestehende Person (sog mittelbare verdeckte Einlage) dieser einen einlagefähigen, weil bilanzierbaren, Vermögensvorteil zuwendet, dafür jedoch keine wertädaquate Gegenleistung (insbesondere neue Gesellschaftsrechte) erhält u diese Zuwendung gesellschaftsrechtlich verursacht ist, sie mithin ein fremder Dritter nicht vorgenommen hätte (BFH von 04.03.2009, BStBl II 2012, 341).

Die Begriffswahl ist dabei deswegen nicht ganz glücklich, weil im Gegensatz zur vGA solche Einlagen also zumindest buchmäßig keineswegs "verdeckt" sind, sondern sehr "offensichtlich". Im Verhältnis zu KapGes können aber auch Einlagen aus steuerlicher Sicht im eigentlichen Sinne "verdeckt" sein, wenn nämlich zB der Gesellschafter ein Grundstück unterhalb des Verkehrswertes verkauft und dieser Minderwert nicht buchtechnisch offengelegt wird (so auch die Definition in R 8.9 KStR 2015).

Als verdeckte Einlage gilt auch der Forderungsverzicht des Gesellschafters, obwohl die Gesellschaft dadurch nichts erhält, sondern lediglich die Gesellschafterfinanzierung von FK auf EK umgestellt wird (so GrS BFH BStBl II 1998, 307; zur systematischen Kritik s Hoffmann, DB 1998, 1983). Lediglich der werthaltige Teil der Forderung führt zu einer verdeckten Einlage u zu einer Erhöhung der AK der Beteiligung (BFH X R 2/03, BStBl II 2005, 694). Ist die Forderung nicht mehr werthaltig, fehlt es an einem Wertetransfer. Zur Abgrenzung zwischen Darlehensgewährung u verdeckter Einlage vgl BFH v 06.11.2003, IV R 10/01, BStBl II 2004, 416. Auch die Anwachsung kann zu einer verdeckten Einlage führen, wenn ein Gesellschafter einer zB zweigliedrigen PersGes aus dieser ausscheidet u dessen Anteil an der PersGes der KapGes unentgeltlich anwächst, an welcher der Ausscheidende zugleich beteiligt ist. In diesen Fällen findet § 6 Abs 3 EStG keine Anwendung, weil die verdeckte Einlage dieser Regelung aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung vorgeht (s Rn 1833; Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz 1727 (Mai 2017)).

 

Rn. 1831

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Verdeckte Einlagen idS sind kein tauschähnliches Geschäft wie dasjenige der Gewährung von Gesellschaftsrechten (s Rn 1794) u damit nicht entgeltlich (s Rn 1591). Denn die Werterhöhung der Anteile an der KapGes stellt keine Gegenleistung, sondern einen Wertreflex dar (zB BFH v 11.02.2009, X R 56/06, BFH/NV 2009, 1411). Die verdeckte Einlage stellt daher keine Veräußerung dar (zB BFH v 18.12.2001, VIII R 10/01, BStBl II 2002, 463, daher kein § 6b EStG, s Rn 1847), kann aber auf Seiten des Einbringenden aufgrund der Entnahmen der WG zu einer Betriebsaufgabe führen (Eckstein in H/H/R, § 6 EStG Rz 1725 (Mai 2017)).

Verdeckte Einlagen sind von offenen Sacheinlagen in eine KapGes abzugrenzen, die nicht unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs 6 S 2 EStG fallen. Die offene Sacheinlage in eine KapGes gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ist steuerlich als tauschähnliches Geschäft zu werten, so dass dieses – aufgrund der Gewährung einer Gegenleistung – gerade keine verdeckte Einlage darstellt. Daher ist die offene Sacheinlage nicht mit dem Teilwert, sondern gemäß § 6 Abs 6 S 1 EStG mit dem gemeinen Wert zu bewerten (BFH v 12.04.2017, I R 36/15, GmbHR 2018, 42).

Keine (unentgeltliche) verdeckte Einlage liegt bei einer Überpari-Emission gegen Sacheinlage vor.

 

Beispiel:

In das Vermögen einer GmbH wird ein Grundstück mit einem Teilwert von 3,7 Mio EUR eingelegt. Diese Einlage erfolgt zur Dotierung einer Stammkapitalerhöhung um 50 000 EUR u wird mit dem Restbetrag einer Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs 2 Nr 1 HGB (Agio) zugeführt.

Der BFH wertet den gesamten Einbringungsvorgang als entgeltliches Geschäft (BFH v 24.04.2007, I R 35/05, BStBl II 2008, 253). Dies soll nach der Urteilsbegründung offensichtlich analog auch bei Einbringungsvorgängen in PersGes gelten (s Rn 1156). Dies hat der BFH v 24.01.2008, IV R 37/06, DB 2008, 9000 bestätigt.

Die Rechtsfindung des BFH im zitierten Urteil überrascht insoweit, als die Kombination einer Einlage in das Nennkapital u gleichzeitig (handelsrechtlich) in das Ausgabe-Agio insgesamt als entgeltliches Geschäft gewertet wird. Die Einlage in das Nennkapital – mag sie wie im entschiedenen Fall noch so klein sein – färbt also auf den Einlageteil in das Agio ab und verursacht einen insgesamt entgeltlichen Vorgang. Zwingend ist diese Gesetzesauslegung nicht.

Im Streitfall ging die Interessen...

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