Rn. 55

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

§ 252 HGB enthält einen zwar nicht abschließenden, doch umfassenden GoB-Katalog, der häufig als "Fundamentalgrundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung" bezeichnet wird. Diese Grundsätze sind innerhalb der HGB-Gliederung den Bewertungsvorschriften vorangestellt worden, enthalten indes systematisch gesehen überwiegend "gemischte"Ansatzregeln (Bilanzierung dem Grunde nach s §§ 4,5 Rn 594ff (Hoffmann)). Insoweit wird auf die Darstellung unter §§ 4,5 verwiesen, und zwar:

  • Bilanzidentität bzw Bilanzenzusammenhang (s §§ 4,5 Rn 504ff (Hoffmann)),
  • Going-concern-Hypothese (Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit),
  • Realisations- und Imparitätsprinzip (s §§ 4,5 Rn 408ff (Hoffmann)),
  • Wert- und Ansatzaufhellung und Stichtagsprinzip (s §§ 4,5 Rn 421ff (Hoffmann)).
 

Rn. 56

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Einen besonderen Stellenwert nimmt in der traditionell orientierten bilanzrechtlichen Literatur das Vorsichtsprinzip ein. Dieses Prinzip steht zwar im Gesetzestext erst an 4. Stelle der einzuhaltenden Bewertungsgrundsätze, bildet aber den Oberbau für die "nicht formalen" Grundsätze: Realisationsgrundsatz, Imparitätsprinzip, Wert- und Ansatzaufhellungsprinzip. Das Vorsichtsprinzip beherrscht daher alle anderen Grundsätze. In der Lit wird darauf hingewiesen, dass dieses Prinzip "auf einer seit Jahrhunderten überkommenen, bisher gefestigt erscheinenden Wertung der bilanziellen Schutzfunktion" beruht (Moxter/Engel-Ciric, BB 2014, 489). Die Anwendung dieses Prinzips hat zur Folge, dass die Interessen der Gewinnberechtigten zugunsten anderer Gruppen (Gläubiger, ArbN) zurückgedrängt werden, soweit dies zur Unternehmenssicherung und Konkursvorsorge erforderlich ist (BVerfG v 20.09.1999, 1 BvR 168/93, ZIP 1999, 1801). Sowohl Moxter/Engel-Ciric, BB 2014, 489 als auch Jessen/Haaker, DStR 2009, 499 sehen in dem Vordringen internationaler Rechnungslegungsgrundsätze in das deutsche HGB-Bilanzrecht, im Besonderen durch das BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)), den Beginn einer Abkehr vom Vorsichtsprinzip. Die Regierungsbegründung zum BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) verweist darauf, dass die Informationsfunktion der HB in den Vordergrund rücken soll und eine maßvolle Annäherung der HGB-Rechnungslegungsregeln an die IFRS geplant wird (BT-Drucks 16/12407). Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, dass das Vorsichtsprinzip als grundlegendes Prinzip der Rechnungslegung weiterhin gilt (vgl Kahle/Eichholz in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht § 252 HGB Rz 123, 124 mwN).

 

Rn. 57

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Das auf hoher Abstraktionsebene angesiedelte Vorsichtsprinzip erfährt praktische Relevanz erst durch seine Ausprägung im Imparitäts- und Realisationsprinzip (s §§ 4,5 Rn 410ff (Hoffmann)). Entgegen dem Gesetzeswortlaut ("es ist vorsichtig zu bewerten") umfasst es auch den Bilanzansatz (Bsp Gewinnrealisation, Verbot der Aktivierung von bestimmten selbst geschaffenen immateriellen WG gemäß § 248 Abs 2 S 2 HGB).

 

Rn. 58

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Nicht den Bilanzansatz, sondern nur die Bewertung betrifft das Stetigkeitsgebot in § 252 Abs 1 Nr 6 HGB. Das Stetigkeitsgebot gemäß § 252 Abs 1 Nr 6 HGB betrifft nur die Bewertungsstetigkeit bei der Anwendung von Bewertungsmethoden. Die Ansatzmethodenstetigkeit ist durch das BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) in § 246 Abs 6 HGB neu in die gesetzliche Bilanzierungsmethodik aufgenommen worden. Das Stetigkeitsgebot hat durch die Ausgestaltung als "Muss"-Vorschrift im BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) ab 2010 an Bedeutung gewonnen. Nach dem Maßgeblichkeitsprinzip gemäß § 5 Abs 1 S 1 EStG gilt es auch für die steuerrechtliche Bewertung. Durch die nur für das Steuerrecht geltenden Bewertungswahlrechte und Sonderabschreibungen ist das Maßgeblichkeitsprinzip aber in der Praxis bereits vor Inkrafttreten des BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) nur eingeschränkt anwendbar gewesen und hat danach bis auf Einzelfälle keine wesentliche praktische Bedeutung für die steuerliche Bewertung erlangt. Eine bedeutsame Ausnahme bildet die Bewertung zu HK von art- und funktionsgleichen WG und auch die Inanspruchnahme v Bewertungsvereinfachungsverfahren wie zB Lifo, Ansatz von Festwerten und GWG (Kulosa in Schmidt, § 6 EStG Rz 14 (37. Aufl)).

 

Rn. 59–64

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

vorläufig frei

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