Schrifttum:

Dörr, Praxisfragen zur Umsetzung der Zins- und Lizenzrichtlinie in § 50g EStG, IStR 2005, 109;

Kessler/Eicker/Obser, Die Schweiz und das Europäische Steuerrecht, IStR 2005, 658.

I. Rechtsentwicklung

 

Rn. 1

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Vorschrift wurde durch das EG-Amtshilfe-Anpassungsgesetz (EGAmtAnpG) v 02.12.2004 (BGBl I 2004, 3112) zur Umsetzung der Richtlinie 2003/49/EG des Rats v 03.06.2003 (ABl EU Nr L 157, 49) zusammen mit § 50g EStG für nach dem 31.12.2003 erfolgende Zahlungen aus der EU in das EStG eingeführt.

Durch das SteueränderungsG 2007 (StÄndG 2007) v 19.07.2006 (BGBl I 2006, 1652) wurde die Vorschrift des § 50h EStG auf nach dem 30.06.2005 erfolgende Zahlungen aus der Schweiz ausgeweitet.

II. Inhalt und Bedeutung

 

Rn. 2

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit der Zins- und Lizenzrichtlinie (Richtlinie 2003/49/EG des Rats v 03.06.2003, ABl EU Nr L 157, 49) und infolgedessen mit § 50g EStG. Die Vorschrift des § 50g EStG sieht eine antragsgebundene vollständige Entlastung vom Steuerabzug bei grenzüberschreitenden Zins- und Lizenzzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen in der EU sowie im Verhältnis zur Schweiz vor (s § 50g Rn 1ff (Loose)).

§ 50h EStG legt fest, dass das deutsche FA für Zwecke der Entlastung im Quellenstaat auf Antrag hin die Ansässigkeit eines Unternehmens bzw die Belegenheit einer Betriebsstätte im Inland bescheinigen muss. Eine solche Bescheinigung fordert der ausländische Quellenstaat regelmäßig als Voraussetzung für eine Steuerentlastung. Die Vorschrift soll somit zum Vollzug der Zins- und Lizenzrichtlinie in ausländischen EU-Staaten sowie in der Schweiz beitragen.

 

Beispiel:

Eine in Deutschland ansässige GmbH überlässt ein fremdvergleichsübliches Darlehen an ihre in einem ausländischen EU-Mitgliedsstaat ansässige 100 %ige Tochter-KapGes. Der ausländische Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft erhebe nach nationalem Steuerrecht auf die Zinszahlungen eine Quellensteuer, die das einschlägige DBA nicht in voller Höhe eliminiere. Eine vollständige Quellensteuerreduktion auf Basis des ausländischen Pendants zu § 50g EStG zur Umsetzung der Zins- und Lizenzrichtlinie im ausländischen Staat erfordere die Vorlage einer Bescheinigung, dass die GmbH in Deutschland unbeschränkt kstpfl ist.

Nach § 50h EStG hat das zuständige deutsche FA auf Antrag hin die entsprechende Ansässigkeitsbescheinigung zu erteilen.

III. Bescheinigung

 

Rn. 3

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Die Bescheinigung erfordert einen Antrag bei dem FA, das für die Besteuerung des deutschen Unternehmens bzw der deutschen Betriebsstätte eines in der EU ansässigen ausländischen Unternehmens bzw eines Schweizer Unternehmens zuständig ist.

Antragsbefugt sind inländische Unternehmen bzw inländische Betriebsstätten, die Zins- oder Lizenzzahlungen empfangen. Gemäß § 20 AO ist für Körperschaften das Geschäftsleitungs-FA zuständig und für Betriebsstätten entsprechend § 18 Abs 1 Nr 2 AO das Betriebs-FA.

Der Antrag bedarf keiner bestimmten Form und erfolgt in der Praxis auf Basis des vom jeweiligen ausländischen Staat erstellten Mustervordrucks. Das FA kann eine Übersetzung des ausländischen Vordrucks nur dann ausnahmsweise anfordern, wenn es sich um längere fremdsprachige Texte oder um weniger gängige Sprachen handelt (s OFD Frankfurt v 11.11.2013, S 1301 A-86-St 513 sowie OFD NRW v 09.04.2020, S 1301–1989/5000-St 125).

Der Inhalt der Bescheinigung entspricht den gemäß § 50c Abs 5 S 2 EStG von ausländischen Gläubigern vorzulegenden Bescheinigungen und gibt lediglich Auskunft über die allg StPfl des Unternehmens oder der Betriebsstätte im Inland.

Der Begriff der Ansässigkeit wird für Unternehmen in § 50g Abs 3 Nr 5 S 1 Buchst a Doppelbuchst bb u S 2 EStG definiert.

Die Belegenheit einer Betriebsstätte wird in § 50g Abs 3 Nr 5 S 1 Buchst c EStG festgelegt (s § 50g Rn 9 (Loose)).

Bei Vorliegen der Voraussetzungen muss das FA die Ansässigkeits- bzw Belegenheitsbescheinigung erteilen.

Bei Ablehnung des Antrags ist nach erfolglosem Einspruch eine Verpflichtungsklage einzulegen (s Rehfeld in H/H/R, § 50h EStG Rz 4 (Juni 2019)).

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