Rn. 118

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Nach § 50d Abs 3 Nr 2 EStG (bis 31.12.2011: Nr 3) steht der ausländischen Gesellschaft die Steuerentlastung nur zu, wenn sie mit einem für ihren Geschäftszweck angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb am allg wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Da eine Bezugnahme auf bestimmte Erträge wie in § 50d Abs 3 Nr 1 EStG fehlt, bezieht sich dieses Tatbestandsmerkmal auf die Gesellschaft als Ganzes (Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 94a, Juni 2020).

 

Rn. 118a

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Aufgrund der EuGH-Rspr (EuGH v 20.12.2017, C-504/16, C-613/16, Rechtssache Deister Holding und Juhler Holding, DStR 2018, 119 zu Abs 3 idF JStG 2007; EuGH v 14.06.2018, C-440/17, Rechtssache GS, DStR 2018, 1479 zu Abs 3 idF BeitrRLUmsG 2011), die den § 50d Abs 3 EStG auch in seiner jeweiligen Fassung als gemeinschaftsrechtswidrig einstuft, wurde der Begriff des "angemessen eingerichteten Geschäftsbetriebs" durch die FinVerw in den Fällen, in den ein Quellensteuerentlastungsanspruch nach § 43b EStG geltend gemacht wird, nunmehr erweitert (BMF v 04.04.2018; BStBl I 2018, 589):

Zitat

Für den Geschäftszweck der Verwaltung von WG setzt ein angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb iSd § 50d Abs 3 S 1 Nr 2 EStG nicht zwingend voraus, dass die Gesellschaft im Ansässigkeitsstaat für die Ausübung ihrer Tätigkeit ständig sowohl geschäftsleitendes als auch anderes Personal beschäftigt.

Diese gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 50d Abs 3 S 1 Nr 2 EStG kommt nur für Dividendenzahlungen an EU-Muttergesellschaften zum Tragen; in allen anderen Fällen zB für Drittstaatensachverhalte und für Zins- und Lizenzzahlungen innerhalb der EU gelten die bisherigen Regelungen unverändert fort (zur Kritik s Rn 95c).

 

Rn. 119

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Eine allg gültige Definition eines angemessen eingerichteten Geschäftsbetriebs existiert nicht; in welchen Fällen ein solcher vorliegt, richtet sich nach dem Geschäftszweck der ausländischen Gesellschaft. Sie muss in der Lage sein, auf Basis ihrer personellen und sachlichen Ausstattung ihre Funktion selbstständig zu erfüllen ("funktionsgerechte Geschäftsausstattung"). Bei gemischten Tätigkeiten genügt ein angemessener Geschäftsbetrieb für einen der Geschäftszwecke (Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 29ea, 20. Aufl; Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 50d Abs 3 EStG Rz 154, November 2007).

Kriterien sind das Vorhandensein von ausreichenden Geschäftsräumen, qualifiziertem Personal und technischen Kommunikationsmitteln (BFH v 20.03.2002, BStBl II 2002, 819; s auch BFH I R 61/09, BStBl II 2011, 249 zu § 8 AStG). Die FinVerw verlangt außerdem, dass der angemessen ausgestattete Geschäftsbetrieb im Ansässigkeitsstaat unterhalten wird (BMF BStBl I 2012, 171 Tz 7; BMF v 04.04.2018; BStBl I 2018, 589). Dies ist dem Wortlaut des Gesetzes jedoch nicht zu entnehmen (Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 29ea, 20. Aufl).

 

Rn. 120

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Die Gesellschaft muss mit dem angemessen ausgestatteten Geschäftsbetrieb am allg wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen. Dieses Erfordernis entspricht dem des Gewerbetriebs iSd § 15 Abs 2 EStG (Einzelheiten s § 15 Rn 127 (Bitz)). Zu § 50d Abs 3 EStG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine rein innerkonzernliche Leistungserbringung gegenüber einer oder mehreren Gruppengesellschaften ausreicht (BT-Drucks 16/2712, 60; BMF BStBl I 2012, 171 Tz 5.1. Enger dagegen zum AStG BFH v 29.08.1984, BStBl II 1985, 120).

Nicht abschließend geklärt ist, ob das Merkmal der Teilnahme am allg wirtschaftlichen Verkehr erfüllt ist, wenn sich die ausländische Gesellschaft für die Durchführung ihres Geschäftszwecks eines anderen Unternehmens bedient ("Outsourcing"). Ablehnend BMF BStBl I 2012, 171 Tz 5.3.; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 110, Juni 2020; zweifelnd Gosch in Kirchhof/Seer, § 50d EStG Rz 29eb, 20. Aufl. Mit der jüngeren Rspr zur steuerlichen Zurechnung von Fremdaktivitäten bei Betriebsführungsverträgen (BFH v 01.07.1992, BStBl II 1993, 222; BFH v 13.10.2010, BStBl II 2011, 249, so auch H 15.4 EStH 2012 zu § 15 Abs 2 EStG) bzw zur Betriebsstättenbegründung durch Managementgesellschaften (BFH v 23.02.2011, BFH/NV 2011, 1354; BFH v 24.08.2011, BStBl 2014 II, 764) stünde dies durchaus im Einklang (instruktiv hierzu auch FG Köln v 12.09.2018, 2 K 1950/15, BB 2019, 2837). UE sollte auch bei Outsourcing von einer Teilnahme am allg wirtschaftlichen Verkehr im Bereich von § 50d Abs 3 EStG ausgegangen werden, wenn die wesentlichen Geschäftsentscheidungen nachweisbar durch die ausländische Gesellschaft bzw ihre Organe selbst getroffen werden.

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