Rn. 37

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

§ 50d Abs 1 S 11 EStG kommt nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen dann zur Anwendung, wenn der Gläubiger der KapErtr oder Vergütungen eine Person ist, dem diese Einkünfte entweder nach deutschem ESt-Recht oder nach dem Steuerrecht des anderen Vertragsstaates nicht zugerechnet werden. Der Begriff des Gläubigers wird im Gesetz nicht näher konkretisiert; zutreffend ist uE eine zivilrechtliche Interpretation, da nur dann das Tatbestandsmerkmal der fehlenden Zurechnung nach deutschem Recht einen Anwendungsbereich hat (glA im Ergebnis Hagena/Klein, ISR 2013, 267/268; Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 33k, Juni 2020; Gebhardt in Kanzler/Kraft/Bäuml, § 50d EStG, Rz 43, September 2020). Der zivilrechtlich Anspruchsberechtigte muss in einem der Vertragsstaaten abweichen vom dem für die steuerliche Zurechnung ausschlaggebenden Nutzungsberechtigten. Gehen beide Vertragsstaaten einheitlich von der Transparenz des Rechtsträgers aus, ist der Tatbestand nicht erfüllt ("oder" als ausschließliche Verknüpfung, zutreffend hM Lüdicke, IFSt 480 – Deutsche Abkommenspolitik 2012, 57; Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 10b, 19. Aufl; Viebrock/Loose/Oskamp, Ubg 2013, 485/489; aA Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 34, Juni 2020).

 

Rn. 38

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Nach dem Wortlaut kommt es auf die Ursache für das Auseinanderfallen von (zivilrechtlicher) Gläubigerstellung und der Person des StPfl nicht an. In den Anwendungsbereich dieser Regelung fallen daher nicht nur hybride Gesellschaftsformen, die nach deutschem Steuerrecht abweichend vom ausländischen Steuerrecht behandelt werden. Betroffen sind grundsätzlich auch andere Fälle, bei denen entweder nach dem Recht Deutschlands als Quellenstaat oder nach dem Recht des anderen Vertragsstaates eine vom zivilrechtlichen Gläubiger abweichende steuerliche Einkunftszurechnung gegeben ist. Aus deutscher Sicht kommen in diesem Zusammenhang abweichende steuerliche Zurechnungen nach den §§ 39, 42 AO zB in Treuhandfällen oder bei ausländischen Basisgesellschaften in Frage (so auch Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 24, Dezember 2020; Hagena/Klein, ISR 2013, 267/268; Salzmann, IWB 2012, 359). Aufgrund der Anknüpfung an eine ggf abweichende steuerliche Zurechnung im Ausland ist darüber hinaus grundsätzlich auch die Rechtslage nach ausländischem Recht zu ermitteln, was praktisch erheblichen Aufwand erfordern kann.

 

Rn. 39

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Rechtsfolge ist die Zuweisung des abkommensrechtlichen Anspruchs auf Erstattung der Abzugssteuer nur an diejenige Person, der nach den Steuergesetzen des anderen Vertragsstaates die abzugsstpfl Erträge als Einkünfte oder Gewinne einer ansässigen Person zugerechnet werden. Maßgeblich für die Erstattungsberechtigung sind damit die steuerlichen Zurechnungsregeln des im Verhältnis zum Quellenstaat Deutschland anderen Vertragsstaats. Nach der Interpretation der FinVerw soll die gesetzliche Regelung im Grundsatz der sog abkommensorientierten Auslegung der OECD folgen (so der Hinweis auf Ziff 5 zu Art 1 OECD-MA 2014 in BT-Drucks 17/13 033, 72 sowie in Tz 2.1.2 des BMF v 26.09.2014, BStBl I 2014; 1258, zur Kritik zB Schmidt, WPg 2002, 1141, 1232; Lang, IStR 2000, 130), nach der sich die Abkommensberechtigung einer PersGes nach deren steuerlicher Qualifikation in ihrem Sitzstaat richtet:

  • Wird sie dort als eigenständiges Steuersubjekt behandelt, das der KSt unterliegt, kann sie als abkommensberechtigte Person selbst Quellensteuervergünstigungen nach Maßgabe des DBA zwischen dem Sitzstaat und dem Quellenstaat geltend machen. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der Quellenstaat die PersGes nach seinem Steuerrecht als transparent oder intransparent wertet.
  • Geht der Sitzstaat der PersGes von einer transparenten Behandlung aus, kann die PersGes selbst (vorbehaltlich eventueller abkommensrechtlicher Sonderregelungen – s hierzu die Übersichten in der Anlage zu BMF v 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258) keine Vergünstigungen aus dem DBA zwischen dem Quellenstaat und dem Sitzstaat in Anspruch nehmen. Da Zurechnungssubjekt in einem solchen Fall der Gesellschafter der PersGes ist, hängt die weitere Anwendung abkommensrechtlicher Regelungen von dessen Ansässigkeit ab.
  • Bei Ansässigkeit im Sitzstaat der PersGes kommt wiederum das DBA mit dem Sitzstaat zur Anwendung, bei Ansässigkeit in einem Drittstaat ist das DBA zwischen Drittstaat und Quellenstaat zu prüfen. Behandelt der Drittstaat die PersGes als intransparent, sollen nach der OECD aufgrund der fehlenden Zurechnung der Einkünfte zum Gesellschafter jedoch keine Abkommensvorteile aus dem DBA zwischen Drittstaat und Quellenstaat geltend gemacht werden können (Ziff 6.3 und 6.5 zu Art 1 OECD-MA 2014, idS auch die Verwaltungsregelung vor Einführung des § 50d Abs 1 S 11 EStG BMF v 16.04.2010, BStBl I 2010, 354 Tz 2.1.2.; s hierzu im Einzelnen Schmidt, IStR 2010, 413/422f). Abweichend zur OECD geht die FinVerw in diesem Fall nach Einführung von § 50d Abs 1 S 11 EStG von ei...

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