Rn. 66

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Leistungsempfänger ist derjenige, der nach dem zugrunde liegenden Vertrag Auftraggeber der ausgeführten Bauleistung ist und der dementsprechend verpflichtet ist, die Gegenleistung zu erbringen. Dies gilt auch dann, wenn ein Dritter (zB ein Versicherungsunternehmen) das Entgelt für den vertraglich Verpflichteten bezahlt (Tz 14 und 70 BMF BStBl I 2022, 1229) oder wenn der Auftrag über einen Vermittler zustande gekommen ist und der Leistende nur mit dem Vermittler verhandelt hat (Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52). Unerheblich ist, ob das Bauwerk, an dem die Bauleistungen ausgeführt werden, von dem Leistungsempfänger selbst genutzt wird. Ohne Belang ist auch, ob der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz im Inland oder im Ausland hat (Beck/Girra, NJW 2002, 1079).

 

Rn. 67

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Die Abzugsverpflichtung trifft nicht jeden Leistungsempfänger. Die Begrenzung des Personenkreises verhindert, dass jeder, der Bauleistungen beauftragt und die Bagatellgrenzen überschreitet, den Steuerabzug auf Bauleistungen vornehmen muss. Verpflichtet sind nur:

  • Unternehmer iSd § 2 UStG und
  • juristische Personen des öffentlichen Rechts.

1. Unternehmer iSd § 2 UStG

 

Rn. 68

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Unternehmer iSd § 2 UStG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (nachhaltig und) selbständig ausübt. Maßgeblich für die Bestimmung des Unternehmerbegriffs sind umsatzsteuerliche Grundsätze (ausführlich zum Unternehmerbegriff: Fuchsen, StB 2002, 213). Unerheblich ist, ob die Betätigung ertragsteuerlich als LuF, Gewerbebetrieb, freier Beruf, private Vermögensverwaltung oder Liebhaberei eingestuft wird. Wegen der spezifisch umsatzsteuerrechtlichen Betrachtungsweise reicht es aus, dass die Tätigkeit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Insbesondere ist keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich (Tz 14 BMF BStBl I 2022, 1229; Apitz, FR 2002, 10; kritisch: Gebhardt/Biber, EStB 2001, 462). Unternehmer ist schon, wer durch Nutzung seines Vermögens (zB Vermietung von Grundbesitz) nachhaltig und selbständig Einnahmen erzielt.

 

Rn. 69

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Unerheblich ist, ob USt festzusetzen ist. Deshalb sind auch folgende Unternehmer von der Steuerabzugsverpflichtung erfasst (Ballof, EStB 2004, 167):

  • Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG,
  • pauschalversteuernde LuF gemäß § 24 UStG,
  • Unternehmer, die nur steuerfreie Umsätze tätigen (zB Ärzte, Versicherungsvertreter).

Deshalb haben auch Vermieter oder Verpächter von Grundstücken, die gemäß § 4 Nr 12 UStG nur steuerfreie Umsätze erzielen, den Steuerabzug vorzunehmen, wenn für sie die Zweiwohnungsgrenze gemäß § 48 Abs 1 S 2 EStG und die Bagatellgrenze gemäß § 48 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG nicht eingreifen. Erfasst werden auch Wohnungseigentümergemeinschaften, die nach § 4 Nr 13 UStG steuerfreie Umsätze ausführen (Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Beck/Girra, NJW 2002, 1079).

 

Rn. 70

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Ist der Leistungsempfänger Unternehmer, umfasst dessen Unternehmen seine gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Die Unternehmereigenschaft muss im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung vorliegen. Unerheblich ist, ob die Unternehmereigenschaft im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder im Zeitpunkt der Erbringung der Bauleistung gegeben ist (aA Gosch in Kirchhof/Seer, § 48 EStG Rz 7 (21. Aufl): Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgeblich). Beginn und Ende der Unternehmereigenschaft richten sich nach umsatzsteuerlichen Grundsätzen (Tz 22 BMF BStBl I 2022, 1229; Fuhrmann, KÖSDI 2001, 13 093; Apitz, StBp 2002, 322). Deshalb unterfallen auch schon Bauleistungen, die ein Leistungsempfänger im Rahmen von Vorbereitungshandlungen vor der Erbringung eigener Leistungen ausführen lässt, der Steuerabzugsverpflichtung.

 

Rn. 71

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Umstritten ist, ob die Steuerabzugsverpflichtung nur für den unternehmerischen Bereich oder auch für den nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers gilt. Zwar differenziert das Gesetz nicht zwischen unternehmerischen und nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers; insbesondere wird im Gesetz nicht angeordnet, dass die Bauleistung "für das Unternehmen" erbracht werden muss. Dennoch lässt sich aus der Begrenzung des Personenkreises in § 48 Abs 1 S 1 EStG auf Unternehmer iSv § 2 UStG ableiten, dass die Steuerabzugsverpflichtung nur für den unternehmerischen Bereich des Unternehmers gelten soll. Ansonsten müssten Unternehmer, wenn sie Bauleistungen für ihren Privatbereich ausführen lassen, den Steuerabzug vornehmen, während Privatpersonen bei derselben Sachverhaltskonstellation davon verschont blieben. Das wäre eine Schlechterstellung ohne jeden rechtfertigenden Grund.

Deshalb geht auch die FinVerw von einer Begrenzung der Steuerabzugsverpflichtung auf Bauleistungen für den unternehmerischen Bereich aus (Tz 14 und 15 BMF BStBl I 2022, 1229; ebenso: Stickan/Martin, DB 2001, 1441; Eggers, StuB 2001, 1149; Schmitt/Seitz, Stbg 2001, 669; Ebling, DStR 2001, Beihefter zu Heft 51/52; Bruschke, StB 2002, 130; Beck/Girra, N...

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